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Vom Geschäft mit der Schönheit

Kaum ein Thema fasziniert uns so sehr, wenngleich ihre Wahrnehmung je nach Kulturkreis oder Epoche deutliche Unterschiede aufweist, denn bei ihrer Definition handelt es sich um eine kulturelle. Vor allem aber ist Schönheit durch gesellschaftliche Konventionen geprägt und in jedem Zeitalter lassen sich eigene Schönheitsvorstellungen ausmachen.

In der heutigen Zeit scheint es ein Leichtes zu sein, dem eigenen Schönheitsideal ganz nahe zu kommen, ob durch Sport, kosmetische Behandlungen oder Operationen, dem Kampf gegen Problemzonen, Makel sowie den natürlichen Alterungsprozess sind kaum Grenzen gesetzt. Die Schönheitsindustrie boomt, weil jene, die von Makellosigkeit, Perfektion und Schönheit träumen, gerne in den eigenen Körper investieren, um möglichst lange jung und fit auszusehen.

Keine genauen Zahlen
In Österreich werden schätzungsweise dreistellige Millionenbeträge pro Jahr im Beauty-Bereich umgesetzt, insgesamt wird mit einem weltweiten Wachstum von 11,2 Prozent für 2012 gerechnet. „Es gibt leider keine offiziellen Zahlen über tatsächlich durchgeführte kosmetische Behandlungen und Operationen, da kein zentrales Register besteht, welches diese erfassen würde. Dazu kommt, dass viele dieser Operationen in Privatkliniken und Ordinationen gemacht werden und auch hier gibt es keine objektiven Zahlen. Es wird geschätzt, dass pro Jahr in Österreich ca. 40.000 Behandlungen und Operationen aus ästhetischen Gründen erfolgen, wie gesagt ist dies aber eine Schätzung.“, erläutert Prim. Dr. Thomas Hintringer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie.
Auch für Deutschland liegen keine genauen Zahlen vor: 2011 wurden schätzungsweise rund 500.000 Schönheitsoperationen durchgeführt, im Jahr 2004 waren es ca. 178.000, im Jahr 2005 ca. 200.000, 2007 gab es ca. 33.000 laserchirurgische Eingriffe, 11.600 Fettabsaugungen, 8.800 Lidoperationen, 6.200 Brustvergrößerungen sowie 1.200 Facelifts. Bei Frauen, die 83% der Patienten ausmachten, galt die Brustvergrößerung in unserem Nachbarland dieses Jahr als beliebtester Eingriff, gefolgt von Lidstraffungen, Botoxbehandlungen und Fettabsaugungen. Männer ließen sich Fett absaugen, Lider straffen und Nasen korrigieren. Dr. Hintringer erklärt: „Es ist in Österreich ähnlich wie in vielen anderen Ländern: Fettabsaugung, Lidstraffungen, Brustkorrekturen und Nasenoperationen dürften die am häufigsten durchgeführten Operationen sein. Es muss hier aber auch erwähnt werden, dass manche dieser Operationen auch einen medizinischen Hintergrund haben können.“

Kompetente Hände sind entscheidend
Wer sich für einen plastisch-ästhetischen Eingriff entscheidet, sollte sich genauestens damit auseinandersetzen, wem er seinen Körper anvertraut. Fachärzte für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie haben eine sechsjährige Zusatzausbildung absolviert, weshalb sie mit sämtlichen Eingriffen aus ihrem Fachgebiet bestens vertraut sind. Da es bisher in Österreich keine gesetzlichen Regelungen gab, die ästhetische Eingriffe betrafen, tritt mit 01. Januar 2013 das neue Ästhetik-OP-Gesetz (ÄsthOpG) in Kraft. Während bislang jeder Arzt, der über die Berechtigung zur selbstständigen Berufsausübung als solcher verfügt, ästhetische Operationen unabhängig von seiner Ausbildung vornehmen darf, dürfen ab 2013 nur mehr Plastische Chirurgen Eingriffe am ganzen Körper durchführen. „Mit 1. Jänner 2013 tritt ein neues Gesetz in Kraft, das einige Änderungen im Bereich der ästhetischen Chirurgie bringen wird. Das Gesetz berechtigt grundsätzlich nur Fachärzte für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (so die offizielle Bezeichnung des Facharztes) zur Durchführung aller ästhetischen Operationen. Über eine Verordnung der Ärztekammer werden andere Fachärzte für ästhetische Operationen berechtigt, die ihrem Fachgebiet entsprechen (z.B. Nasenoperationen für Fachärzte für HNO, Lidkorrekturen für Augenärzte usw.). Allgemeinmediziner dürfen Behandlungen oder Operationen dann durchführen, wenn ein Nachweis erbracht wird, dass darin ausgebildet wurde.“, stellt Prim. Dr. Thomas Hintringer klar.

Vom Geschäft mit der Schönheit

Sicherheit als oberste Priorität
Anfang des Jahres sorgte der Skandal um minderwertige Brustimplantate für Aufsehen und Schlagzeilen, denn auch Deutsche und Österreicherinnen waren davon betroffen. Die in Frankreich hergestellten Silikonkissen sind von minderer Qualität, weshalb die Trägerinnen dazu aufgefordert wurden, sie entfernen zu lassen. Derartige Vorkommnisse führen manchmal zum Umdenken. „Im Laufe des Jahres hat es einen ganz klaren Trend in Richtung hochwertiger ästhetischer Medizin gegeben. Gerade die Bemühungen des Gesundheitsministeriums, die öffentliche Aufmerksamkeit rund um den PIP-Implantat Skandal und vielleicht auch ein wenig die Eröffnung unseres Zentrums hat wieder das Bewusstsein der Menschen geschärft für die Bedeutung der Erfahrung des Arztes, die Qualität der verwendeten Materialien, die wissenschaftliche Fundierung der angebotenen Behandlungen, der Infrastruktur, etc.“, so Dr. Rafic Kuzbari, Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie in Wien 1 sowie am Wiener Wilhelminenspital.
Da in Österreich die Qualitätssicherung von enormer Wichtigkeit ist, wurde vor Jahren von der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC) das Implantatregister zur Qualitätskontrolle von Brustimplantaten ins Leben gerufen, in dem sich jede Frau, die welche trägt, anonym registrieren lassen kann.  Des Weiteren hat die Gesellschaft Leitlinien für ästhetische Eingriffe verfasst und eine Servicehotline (0820 820 600) eingerichtet. Auch bei niedergelassenen Ärzten gilt das Prinzip Sicherheit und Qualität: „Wir bieten grundsätzlich keine Methoden an, die gerade frisch auf den Markt kommen und noch nicht genügend in wissenschaftlichen Studien getestet und zugelassen wurden. Des Weiteren operieren wir nichts, wovon wir nicht überzeugt sind, denn für uns muss ein Eingriff nachvollziehbar sein. Das Credo lautet „weniger ist mehr“ und das wichtigste ist, dass man nicht sieht, was gemacht wurde. Wir stellen immer die Sicherheit des Patienten in den Vordergrund und nicht den Preis, was bedeutet, dass wir Operationen oder Methoden, die eigentlich ins Spital oder unter die Obhut eines Anästhesisten gehören, auf keinen Fall in der Ordination oder alleine durchführen, nur um die Operation billiger anbieten zu können.“, erklärt Dr. Shirin Milani-Helletzgruber, Fachärztin für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie im ersten Wiener Gemeindebezirk.

Aufklärung und Hilfe
Wie in jedem Bereich kann es auch bei plastisch-ästhetischen Eingriffen oder Behandlungen zu Ergebnissen kommen, die der Vorstellung des „Kunden“ nicht entsprechen. Aus diesem Grund hat die ÖGPÄRC eine Hotline als Anlaufstelle für unzufriedene Patienten ins Leben gerufen, wie Prim. Dr. Thomas Hintringer erläutert: „Die Österreichische Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC) hat schon vor mehreren Jahren eine Servicehotline eingerichtet, bei der sich unzufriedene PatientInnen melden und kostenlos beraten lassen können. Ca. 50-60 PatientInnen melden sich hier pro Jahr. Ich würde das als Zeichen dafür sehen, dass selbst unter der Annahme einer großen Dunkelziffer  angesichts der geschätzten 40.000 Operationen insgesamt die Zufriedenheit sehr hoch einzustufen ist.“
Der Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie in Wien 6, Prof. Dr. Edvin Turkof, ist Mitautor der Enzyklopädia Aesthetica, einer 13-bändigen Buchreihe, die Laien die wichtigsten Eingriffe der plastisch-ästhetischen Chirurgie näher bringt und somit zur Aufklärung beiträgt:  „Jeder meiner Patienten unterschreibt vor der Operation, dass er ‚sein‘ Buch gelesen hat, das heißt, er muss sich die Zeit für etwa 80-100 Seiten Lektüre nehmen, und wenn das jemand tut, dann ist der Eingriff für ihn keine Kleinigkeit mehr. Ich denke, dass dies einen wesentlichen Fortschritt in Richtung Qualitätssicherung bedeutet. Ich habe aber aufgrund der Enzyklopaedia Aesthetica wahrscheinlich ein etwas eingeschränktes Publikum, weil all jene, für die es zu mühsam ist, ‚ihr‘ Buch zu lesen, wahrscheinlich  nicht zu mir kommen.“ Die so genannte Schönheitschirurgie ist in den letzten Jahren vor allem deshalb immer wieder in Verruf geraten, weil in Fernsehsendungen wie „The Swan – Endlich schön!“ oder „Extrem schön! – Endlich ein neues Leben“ plastisch-chirurgische Eingriffe als Kleinigkeit dargestellt oder Operationen im Rahmen von Gewinnspielen verlost wurden. Ein seriöser ausgebildeter Facharzt klärt selbst über eine Behandlung mit Botolinum Toxin (gegen Falten und/oder Migräne) hinreichend auf, nimmt sich Zeit und erweckt beim Patienten nicht den Eindruck, dass es sich bei dieser Methode um eine Kleinigkeit handelt.

Vom Geschäft mit der Schönheit

Tabu Schönheit(s-Chirurgie)?
Die Tatsache, dass in Österreich ca. 40.000 Eingriffe pro Jahr stattfinden, wirft die Frage auf, ob man heutzutage offen zu Verschönerungsmaßnahmen am eigenen Körper steht oder ob sich all das eher im Verborgenen abspielt.
„Frauen gehen immer  offensiver damit um, weil man erkannt hat, daß so eine OP nur eine andere Form der Verschönerung ist. Und Verschönern ist ja seit Jahrtausenden kein Tabu mehr. Die Methode ist halt noch jung, weshalb man ihr natürlich Zeit geben muss.“, ist sich Dr. Jörg Knabl, Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie im ersten Bezirk, sicher. Shirin Milani-Helletzgruber weiß: „Frauen stehen immer häufiger dazu, dass sie etwas machen lassen. Meistens jedoch eher zu den Operationen als zu Botox und Fillern. Das Thema wurde in den letzten Jahren salonfähig und besonders junge Menschen gehen offen damit um.“ Prof. Dr. Turkof erklärt: „In Internet-Foren werden die Besuche offen besprochen und auch die Namen der Ärzte öffentlich genannt. Foren werden aber noch eher von jüngeren Jahrgängen besucht, das Öffentlichmachen ist daher noch eine Altersfrage. Jedenfalls sind die neuen Medien geneigt, alles publik zu machen, also natürlich auch solche Entscheidungen und Erfahrungen, denn das dient ja auch der Entängstigung. Tabu ist die Ästhetische Chirurgie jedenfalls schon lange nicht mehr.“

Vielleicht wird es irgendwann völlig normal sein, offen zur Faltenbehandlung oder Brustvergrößerung zu stehen, denn so lange jemand selbst entscheiden darf, was er oder sie mit dem eigenen Körper machen möchte, sollte man tolerant mit einer derartigen Entscheidung umgehen. Wichtig ist nur, zu verdeutlichen, dass ein Eingriff nicht automatisch glücklich macht und sich nicht jedes Problem mit einer Operation lösen lässt…






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