Megatrends 2012
Individualisierung
In unseren modernen Gesellschaften ist die Abhängigkeit des Einzelnen von traditionellen sozialen Bindungen und Normen stark gesunken. Vor allem durch einen allgemeinen Wohlstandszuwachs in der westlichen Welt in den letzten Jahrzehnten entstanden für die Menschen neue Freiheiten und Optionen. Diese Tatsache ermöglicht immer mehr individuelle Entscheidungen wie etwa im Bereich der privaten Lebensführung, des Konsumverhaltens, der Mediennutzung oder der Organisierung der eigenen Mobilität. Das bedeutet, dass die Formen des Zusammenlebens zu einem immer geringeren Teil Ergebnis gesellschaftlicher Zwänge und Vorgaben sind. Es ist vielmehr das Resultat eigenständiger menschlicher Wahlentscheidungen und Wünsche. Auf dieser Grundlage entwickelt sich eine neue Vielfalt der Lebensformen, die aber auch die Nachfrage nach neuen Formen der Arbeitswelten sowie die Dienstleistungs- und Produktnachfrage bedingen.
Diese Art der Individualisierung bedeutet also nicht nur den Trend zu einer reinen „Single-Gesellschaft“ inklusive einer Selbstverwirklichungskultur, sondern bringt auch neue Formen sozialer Gemeinschaft hervor. Individualisierung führt also keineswegs zur totalen sozialen Erosion und zu einer Gesellschaft, die nur noch durch Egoismus und Vereinsamung des Menschen geprägt ist. Werte, die auf Gemeinschaft und gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgerichtet sind, haben nach wie vor Bestand. Nur haben sich diese geändert. Auf diese Tatsache müssen die Produzenten und Dienstleister reagieren, dann können sich neue Geschäftsfelder inklusive ökonomisch tragfähiger Wertschöpfungsketten bilden. Stichworte sind hier etwa:
Verweiblichung
Die Individualisierung ist als Trend von der Verweiblichung der Gesellschaft nicht zu trennen. Selbst wenn es manchen Frauenrechtlerinnen immer noch zu langsam geht, das weibliche Element ist schon längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auch hier bieten Globalisierung, Demografie und Mobilität die Rahmenbedingungen. Aber die Landung des weiblichen Elements in der Mitte der Gesellschaft, d.h. Gleichberechtigung in den Arbeitswelten und in der sozialen Gemeinschaft, verlangt nach einer tauglichen Basis an Angeboten, die diese Entwicklung stützt und damit gleichzeitig absichert. Aktuell sind die Frauen die Bildungsgewinner, sie haben die besseren Schulnoten und sind erfolgreicher in beruflicher Ausbildung und Studium, dies führt zum Aufstieg in der beruflichen Hierarchie, verlangt aber auch nach individueller Kinderbetreuung und gesellschaftlicher Akzeptanz der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zudem kommt, dass es immer mehr Unternehmerinnen gibt. Auch hier ergibt sich als Konsequenz die Nachfrage nach neuen Produkten, etwa in Sachen Kommunikation und Mobilität oder neuen Dienstleistungen, etwa Wohnungsmarkt, Kommunikation und Service rund um Kinder, Familie und Haushaltsführung. Umgekehrt ändern sich auch Rollenverständnis und Bedürfnisskala der Männer und bilden dadurch die Quelle für neue Geschäftsmodelle. Stichworte sind hier etwa: mehr Väter in Elternteilzeit, mehr Mädels in Männerberufen, mehr Männer am Herd oder Frauen als Wachstumsfaktor am Automobil- und Handymarkt.
Silberne Generation als Zukunftsmarkt
Lange wurde die silberne Generation durch die Wirtschaft vernachlässigt, obwohl sie heute bereits 36 Prozent der Gesamtbevölkerung umfasst. Dabei verfügt die Generation 50+ mit 22.300 Euro pro Kopf und Jahr um 22 Prozent mehr Jahreseinkommen als der heimische Durchschnitt in der Bevölkerung. Sie ist damit die Altergruppe mit der größten Kaufkraft. Die Altersgruppe 50 bis 59 Lebensjahre ist in diesem Zusammenhang besonders kaufkräftig. Mit 24.300 Euro haben die 50- bis 59-Jährigen das größte Einkaufsbudget. Ihre Kaufkraft ist um 33 Prozent höher als der Durchschnitt aller Altersgruppen, der 18.300 Euro beträgt. Insgesamt vereinigt die Generation 50+ nicht weniger als 68 Mrd. oder 44,3 Prozent des gesamten österreichischen Kaufkraftvolumens. Das ist sogar mehr als die im aktiven Erwerbsleben stehende Altersgruppe 20 bis 49 Lebensjahre. Innerhalb der nächsten 20 Jahre werde der Anteil dieser Altersgruppe an der Gesamtbevölkerung um weitere acht Prozent steigen, zwei von drei Österreichern über 50 sind jedoch derzeit schon Pensionisten. Sie haben mit knapp 17.000 Euro im Ruhestand um acht Prozent deutlich weniger für Ausgaben zur Verfügung als der Querschnittsösterreicher. Durch den weiteren demografischen Wandel wird die silberne Generation zum dominierenden gesellschaftspolitischen Faktor. Das muss in Zukunft besser genutzt werden. Die Generation 50+ hat einen ungemeinen Erfahrungsschatz und ist dadurch in der Lage, unsere Gesellschaft zu bereichern. Deshalb sollte man das Engagement dieser Generation in Beruf und Gesellschaft viel mehr nutzen als bisher.