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Das Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus für Griechenland: Fragen und Antworten
Das dritte wirtschaftliche Anpassungsprogramm für Griechenland hat eine Laufzeit von drei Jahren. Wann genau beginnt und endet das Programm?
Das dritte wirtschaftliche Anpassungsprogramm für Griechenland tritt offiziell mit der Unterzeichnung des Memorandum of Understanding (MoU) in Kraft und hat eine Laufzeit von drei Jahren. Das Programm ist am Tag der Unterzeichnung, d. h. am 19. August 2015, angelaufen und endet im August 2018.
Was ist das „Memorandum of Understanding“?
Im Memorandum of Understanding (MoU) werden die an die finanzielle Unterstützung geknüpften Auflagen detailliert aufgeführt, d. h. die Maßnahmen und Reformen, zu deren Durchführung sich Griechenland verpflichtet hat, um die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen des Landes anzugehen. Am 11. August haben die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) – mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IWF) – mit den griechischen Behörden auf Arbeitsebene eine umfassende Einigung über das MoU erzielt. Anschließend wurde das MoU vom griechischen Parlament und von den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets gebilligt. Die im MoU verankerte Reformagenda wird von vier Säulen getragen: Wiederherstellung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, Wahrung der Finanzstabilität, Förderung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen und Schaffung eines modernen Staats und einer modernen öffentlichen Verwaltung.
Wie sieht der Finanzrahmen aus? Wer stellt die Mittel bereit?
Die Finanzmittel für die Laufzeit des Programms belaufen sich auf bis zu 86 Mrd. EUR. Darin eingeschlossen ist ein Puffer von bis zu 25 Mrd. EUR für den Bankensektor, damit eventuelle Kosten für die Rekapitalisierung und Abwicklung von Banken aufgefangen werden können. Der ESM könnte bis zu 86 Mrd. EUR bereitstellen, d. h. das Programm könnte prinzipiell in vollem Umfang aus dem ESM finanziert werden. Dies bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der ESM tatsächlich die vollständige Finanzierung des Programms übernehmen muss. Falls beispielsweise der IWF beschließt, sich am Programm zu beteiligen, würde durch dessen Beitrag der Finanzierungsbetrag aus dem ESM sinken. Auch die Rückgabe der Gewinne aus im Rahmen des Programms für die Wertpapiermärkte (SMP) erworbenen griechischen Staatsanleihen durch die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und eine Rückkehr Griechenlands an die Finanzmärkte während der Programmlaufzeit – wie im letzten Jahr – könnten den Finanzierungsbedarf verringern.
Sind die Mittel für die Rückzahlung des aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) bereitgestellten Brückenkredits in der Finanzausstattung von bis zu 86 Mrd. EUR enthalten?
Ja, die Mittel für die Rückzahlung der 7 Mrd. EUR, die Griechenland als Brückenkredit im Juli aus dem EFSM erhalten hat, sind im Betrag von 86 Mrd. EUR enthalten.
Wie hoch soll die erste Tranche des Programms sein?
Dies ist in der Erklärung der Euro-Gruppe vom 14. August eindeutig festgelegt: Die erste Tranche im Rahmen des ESM-Programms wird sich auf 26 Mrd. EUR belaufen und aus zwei Sub-Tranchen bestehen. Die erste Sub-Tranche in Höhe von 10 Mrd. EUR wird unmittelbar auf einem Sonderkonto beim ESM verfügbar gemacht und dient der Bankenrekapitalisierung und ‑abwicklung. Die zweite Sub-Tranche in Höhe von 16 Mrd. EUR wird in mehreren Teilbeträgen an Griechenland ausbezahlt, wobei die erste Auszahlung in Höhe von 13 Mrd. EUR bis zum 20. August erfolgt und eine oder mehrere weitere Auszahlungen im Herbst folgen, vorbehaltlich der Verwirklichung weiterer wichtiger Etappenziele auf der Grundlage der im MoU aufgeführten Maßnahmen.
Wie wird die griechische Wirtschaft von der ersten Tranche profitieren? Anscheinend soll das Geld in erster Linie für die Banken und den Abbau der Zahlungsrückstände verwendet werden.
Die erste Tranche soll eine Impulswirkung auf die griechische Wirtschaft haben. Es ist unbedingt notwendig, 10 Mrd. EUR für den Finanzsektor vorzusehen, damit der Weg für eine schrittweise Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen, die derzeit die wirtschaftliche Erholung bremsen, geebnet wird. Auch die hohen Zahlungsrückstände des griechischen Staates gegenüber dem Privatsektor belasten die Wirtschaftstätigkeit. Nach der Rückzahlung des EFSM-Brückenkredits (7 Mrd. EUR) und den Schuldentilgungszahlungen an die EZB (3 Mrd. EUR) soll ein Teil des verbleibenden Betrags der ersten Tranche in Höhe von 16 Mrd. EUR für die Begleichung der Zahlungsrückstände verwendet werden. Darüber hinaus soll ein Teil der Mittel den derzeitigen Finanzierungsbedarf des griechischen Staates decken. Dies ist sehr wichtig, da sich die jüngste Konjunkturabschwächung negativ auf die Staatskassen ausgewirkt hat.
Werden die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets aufgrund des neuen Programms für Griechenland mehr Geld in den ESM einzahlen müssen?
Nein. Der ESM verfügt über eine Darlehenskapazität von insgesamt 500 Mrd. EUR und über ein Gesamtkapital von 80 Mrd. EUR in Form von eingezahltem Kapital und 620 Mrd. EUR an gebundenem abrufbaren Kapital. Seine verbleibende Darlehenskapazität beträgt rund 455 Mrd. EUR; Darlehenstätigkeiten im Zusammenhang mit dem Programm für Griechenland erfordern daher kein neues finanzielles Engagement der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets. Der ESM nimmt die Mittel – die dann an Griechenland weiterverliehen werden – an den Finanzmärkten auf, ohne dass die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets einbezogen werden. Auf diese Weise werden Auswirkungen auf die nationalen Schuldenquoten vermieden.
Wird der IWF sich schließlich am Programm beteiligen?
Der IWF hat im Zusammenhang mit Griechenland zwei Aufgaben: Erstens ist er einer der Partner des ESM-Programms, wie im Rahmen der spezifischen Modalitäten des ESM-Vertrags vorgesehen. In dieser Eigenschaft hat der IWF sowohl während der Arbeiten in Athen als auch in kürzlich veröffentlichen Erklärungen bestätigt, dass er an der Vorbereitung des Programms beteiligt war und das Verfahren weiterhin unterstützt. Darüber hinaus wird der IWF an den regelmäßigen Überprüfungsmissionen teilnehmen, in deren Rahmen die Durchführung des Programms überwacht wird. Zweitens hat die IWF-Führung im Hinblick auf die Auflage eines eigenen Programms für Griechenland mit einer speziellen Finanzierung ihre Absicht betont, dem Exekutivdirektorium zu empfehlen, weitere finanzielle Unterstützung für Griechenland zu prüfen, sobald zwei Bedingungen erfüllt sind: zum einen muss feststehen, wie die Steuer-, Struktur- und Finanzsektorreformen im Einzelnen aussehen werden, und zum anderen muss geprüft worden sein, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, und es muss eine Einigung über einen möglichen Schuldenerlass, der die Schuldentragfähigkeit sicherstellt, erzielt worden sein.
Wann wird eine Entscheidung über die Schuldentragfähigkeit getroffen?
Die Kommission hat im Benehmen mit der EZB eine Schuldentragfähigkeitsanalyse durchgeführt, die ergeben hat, dass die Schuldentragfähigkeit durch ein glaubwürdiges Reformprogramm und zusätzliche schuldenbezogene Maßnahmen ohne nominalen Schuldenschnitt erreicht werden kann. Im Einklang mit der Erklärung des Euro-Gipfels vom 12. Juli hat die Euro-Gruppe am 14. August bekräftigt, dass sie bereit ist, etwaige zusätzliche Maßnahmen (z. B. längere rückzahlungsfreie Zeiten und Rückzahlungsfristen) zu erwägen, die sicherstellen sollen, dass der Bruttofinanzierungsbedarf Griechenlands auf einem tragfähigen Niveau bleibt. Entsprechende Maßnahmen setzen jedoch die vollständige Umsetzung der im ESM-Programm festgelegten Maßnahmen voraus und werden erst nach Abschluss einer ersten positiven Programmüberprüfung in Betracht gezogen.
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