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Das Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus für Griechenland: Fragen und Antworten

FINANZSEKTOR

Was wird unternommen, um die Schwächen im Finanzsektor zu beheben?

Griechenland hat sich verpflichtet, dringend erforderliche Maßnahmen zur Lösung des Problems notleidender Kredite im Bankensektor zu treffen. Der außergewöhnlich hohe Anteil solcher Kredite und die damit verbundene Überschuldung des Privatsektors führen zum Abfluss umfangreicher Ressourcen aus produktiveren Verwendungszwecken und verhindern, dass der Bankensektor die für eine Belebung des Wachstums erforderlichen Kredite bereitstellt. Die Rekapitalisierung der Banken, die bis Ende 2015 abgeschlossen sein soll, wird zu einer Stabilisierung der Lage im Bankensektor beitragen. Wie bereits erwähnt, sind bis zu 25 Mrd. EUR der Gesamtmittelausstattung des ESM-Programms (86 Mrd. EUR) als Puffer für die Bankenrekapitalisierung und potenzielle Abwicklungskosten vorgesehen. Die Bankenrekapitalisierung wird von Maßnahmen zur Stärkung der Verwaltung des griechischen Finanzstabilisierungsfonds (HFSF) und der Governance von Banken flankiert. Zusammen mit anderen Maßnahmen des Programms dürfte dies zu einer Normalisierung der Liquiditätslage im Bankensektor führen, so dass die Kapitalverkehrskontrollen schrittweise gelockert werden können.

Wird es ein „Bail-in“ der Einleger geben?

Einleger sind geschützt. Dies hat die Euro-Gruppe in ihrer Erklärung vom 14. August klar und deutlich festgestellt. Bis zum Herbst wird die EZB / der einheitliche Aufsichtsmechanismus eine umfassende Bewertung der Banken – ein sogenanntes „Asset Quality Review“ (Überprüfung der Aktiva-Qualität) und Stresstests – vornehmen. Diese Bewertung wird die Grundlage für etwaige weitere Beschlüsse über Bankenrekapitalisierungen bilden.

 

SOZIALE DIMENSION UND WACHSTUMSFÖRDERUNG 

Was wurde unternommen, um der sozialen Dimension im Rahmen des Programms Rechnung zu tragen?

Entsprechend den von Präsident Jean-Claude Juncker formulierten Politischen Leitlinien hat die Kommission in ihrer Eigenschaft als Verhandlungspartnerin in dem Programm besonderes Gewicht auf den Aspekt der sozialen Fairness gelegt. Ziel war es, für eine gleichmäßige Verteilung der Anpassungslasten zu sorgen und die schwächsten Glieder der Gesellschaft zu schützen. Die Kommission hat eine Bewertung der sozialen Auswirkungen des Programms vorgenommen. Bei ihrer Analyse ist sie zu dem Schluss gelangt, dass die im Programm vorgesehenen Maßnahmen, wenn sie vollständig und rechtzeitig umgesetzt werden, Griechenland dabei helfen werden, auf finanziell tragfähige und sozialverträgliche Weise zu Stabilität und Wachstum zurückzukehren. Außerdem werden sie den dringendsten sozialen Bedürfnissen und Herausforderungen in Griechenland angemessen Rechnung tragen.

Im Fokus der Kommission stehen insbesondere folgende Maßnahmen:

  • schrittweise Einführung eines garantierten Mindesteinkommens und Sicherstellung einer universellen Gesundheitsversorgung;
  • Gewährleistung, dass die dem Einzelnen abverlangte Anstrengung dem jeweiligen Einkommen angemessen ist;
  • Konzentration der Sparmaßnahmen auf Bereiche, in denen sich dies nicht unmittelbar im Portemonnaie des Durchschnittsbürgers bemerkbar macht, z. B. Kürzung der Verteidigungsausgaben, Beseitigung von Ineffizienzen und Abschaffung von Privilegien oder missbräuchlichen Praktiken in verschiedenen Bereichen der öffentlichen Ausgaben;
  • Hintanstellen von Partikularinteressen, z. B. schrittweise Abschaffung von Steuervergünstigungen oder -befreiungen (z. B. hinsichtlich der für einige Inseln geltenden Mehrwertsteuersätze) oder hohen Subventionen;
  • Stärkung der Rolle der Sozialpartner und Modernisierung des Tarifverhandlungssystems;
  • Bekämpfung von Betrug, Korruption und Steuerhinterziehung;
  • Förderung einer transparenteren und effizienteren öffentlichen Verwaltung, u. a. durch Stärkung der Unabhängigkeit der Steuerverwaltung, Reorganisation von Ministerien und eine engere Verknüpfung zwischen Verdienst und beruflicher Verantwortung.

Sind zusätzlich zum Programm spezifische Initiativen zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Griechenland vorgesehen?

In Ergänzung des Anpassungsprogramms und zur Verbesserung seiner Erfolgsaussichten hat die Kommission am 15. Juli einen Beschäftigungs- und Wachstumsplan für Griechenland vorgelegt, in dessen Rahmen bis 2020 etwa 35 Mrd. EUR für Investitionen in Menschen und Unternehmen bereitgestellt werden sollen. Bei einer Erhöhung des Vorfinanzierungsanteils für die Förderprogramme 2014-2020 in Griechenland um 7 Prozentpunkte wäre es möglich, im betreffenden Zeitraum 1 Mrd. EUR zusätzlich verfügbar zu machen.

Darüber hinaus baut die Kommission ihr Angebot an technischer Hilfe und fachlicher Unterstützung aus. Eigens zu diesem Zweck hat sie im Juli ihren neuen Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSS) eingerichtet. Der SRSS soll als zentrale Anlaufstelle dienen, die gebündelte Fachkompetenz der Kommissionsdienststellen, der Behörden der Mitgliedstaaten und anderer internationaler Organisationen verfügbar machen und bei der Planung und Überwachung von Reformen behilflich sein.

Wird Griechenland wieder technische Hilfe erhalten?

Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung des Programms ist, dass sich die griechischen Behörden die Reformagenda zu eigen machen und dass die vereinbarten Maßnahmen nachhaltig und entschlossen umgesetzt werden. Dafür bedarf es nicht nur politischer Zusagen, sondern auch entsprechender technischer Durchführungskapazitäten auf Seiten der griechischen Behörden. Diese haben sich verpflichtet, die verfügbare technische Hilfe, die von dem bei der Kommission neu eingerichteten Dienst zur Unterstützung von Strukturreformen (SRSS) koordiniert wird, in vollem Umfang zu nutzen. Technische Hilfe wird bereits jetzt mit Blick auf die Einlösung zentraler Reformzusagen geleistet, unter anderem in den Bereichen Steuerpolitik, Reform der Steuerverwaltung, Überprüfung des Sozialschutzes und Modernisierung des Justizwesens. Es sind jedoch durchaus Kapazitäten vorhanden, um noch weitere Bereiche wie z. B. die Energiepolitik und die Arbeitsmarktpolitik abzudecken. Die griechischen Behörden werden bis Ende September 2015 gemeinsam mit der Europäischen Kommission einen mittelfristigen Plan für technische Hilfe erstellen.

Foto: Archiv

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