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Aktuelle Deloitte Studien: Der Finanzbranche laufen die Talente davon
Die Deloitte Studien „Talent in Banking“ und „Talent in Insurance“ zeichnen für die Finanzbranche erneut ein düsteres Bild. Die Imagewerte der Banken und Versicherungen sind in Österreich besonders schlecht: Nur 6 % der Studierenden halten Banken für eine attraktive Branche, Versicherungen rangieren mit 1,1 % sogar am letzten Platz.
Im Rahmen der aktuellen Deloitte Studien wurden insgesamt 211.000 Studierende aus 30 Ländern, davon allein 3.728 aus Österreich, nach ihrer Einschätzung von Banken und Versicherungen als potenzielle Arbeitgeber befragt. Die Ergebnisse zeigen: Sowohl die Banken- als auch die Versicherungsbranche haben gerade unter angehenden Akademikern ein akutes Imageproblem.
Schlechtes Image der Finanzbranche bei Studierenden
Im Vergleich der EMEA Länder (Europe, Middle East & Asia) zeigt sich das schlechte Image der Finanzbranche in Österreich: So sehen nur 1,09 % der befragten Wirtschaftsstudenten Versicherungen als bevorzugtes Berufsfeld, international liegt Österreich damit im unteren Drittel. Angeführt wird das Ranking von Polen mit 2,98 %, gefolgt von der Schweiz mit 2,93 % und Finnland mit 2,67 %. Die Schlusslichter bilden die Vereinigten Arabischen Emirate mit 0,37 % sowie die Türkei und Russland, deren Studenten die Versicherungsbranche gar nicht genannt haben.
Auch im Vergleich der Branchen untereinander steigen sowohl Banken als auch Versicherungen in Österreich hinsichtlich ihrer Popularität schlecht aus: Die schnelldrehenden Konsumgüter (fast moving consumer goods, FMCG) nehmen mit fast 19 % im Branchenranking den ersten Platz ein, gefolgt von der Automobilbranche mit fast 13 % und der IT-Branche mit 9,3 %. Die Bankenbranche befindet sich mit rund 6 % abgeschlagen auf dem fünften Platz. Den letzten Platz nimmt mit nur 1,1 % die Versicherungsbranche ein.
„Der internationale Vergleich zeigt, dass die gesamte Finanzbranche gerade in Österreich ein Imageproblem unter den Wirtschaftsstudenten hat. Sieht man sich die Branchenpräferenzen an, wird die geringe Popularität besonders deutlich“, erklärt Gundi Wentner, Partner bei Deloitte Österreich. „Wir beobachten bereits seit Jahren einen negativen Trend, der sich zunehmend verfestigt. Bis heute wurden in diesem Bereich viel zu wenig Anreize für junge Talente geschaffen.“
Finanzbranche ist für Frauen besonders unattraktiv
Die Studien belegen zudem, dass die Finanzbranche insbesondere für weibliche Studierende der Wirtschaftswissenschaften nicht attraktiv genug ist. 59,1 % der befragten Studenten in Österreich sind Frauen. Unter den bankaffinen Studenten beträgt der Frauenanteil aber nur 54,2 % und im Bereich Investment Banking sogar nur 24,4 %. Unter den versicherungsaffinen Studenten finden sich auch nur 50 % Frauen. „In der männlich dominierten Finanzbranche existiert noch immer eine gläserne Decke. Weibliche Karrieren entwickeln sich dort einerseits sehr langsam, andererseits werden sie durchgängig in allen Karrierestufen schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Das schreckt viele weibliche Talente ab“, betont Wentner.
Leadership und Employer Branding in den Fokus rücken
Um den negativen Trend zu durchbrechen, sind sowohl Banken als auch Versicherungen gefordert, konkrete Maßnahmen zu setzen, um Talente anzuziehen und dann auch zu halten. Einerseits gilt es, die durchaus vorhandenen Stärken weiter zu stärken: Insbesondere Versicherungen werden hinsichtlich Work-Life-Balance und Arbeitsplatzsicherheit von den Studierenden laut der aktuellen Studie positiv wahrgenommen. „Für die Generation der Millennials sind Qualitäten wie Work-Life-Balance und örtlich sowie zeitlich flexibles Arbeiten bei der Wahl des Arbeitgebers essentiell. Das muss im Employer Branding noch viel stärker als bisher in den Fokus gerückt werden“, so Gundi Wentner.
Andererseits müssen die Wünsche der Studierenden ernst genommen werden. Bankaffine Studenten wünschen sich von ihrem zukünftigen Arbeitgeber vor allem Anerkennung für ihre Leistungen, hohe Verdienstmöglichkeiten und nicht zuletzt Führungskräfte, die sie in ihrer Entwicklung fördern und unterstützen. Bei versicherungsaffinen Studenten lauten die Top Drei Wünsche an die Unternehmen: Anerkennung für Leistungen, wertschätzende Führungskräfte und professionelle Trainings bzw. Entwicklungsmöglichkeiten. „Leadership gewinnt für die jungen Talente immer mehr an Bedeutung. Junge Arbeitnehmer betrachten ihre Vorgesetzten besonders kritisch und wünschen sich moderne Führungskräfte, die ihre Qualitäten erkennen und zu schätzen wissen. Daher wird es für die krisengeplagten Finanzinstitute immer wichtiger, die richtigen Führungspersonen auszuwählen und diese auch entsprechend zu fördern“, erklärt Wentner abschließend.
Deloitte Talent in Banking Survey und Talent in Insurance Survey 2015
Die Deloitte Studien „Talent in Banking“ und „Talent in Insurance“ basieren auf der Universum Talent Survey 2015. Universum untersucht seit 1988 Karriereabsichten von Studierenden. Im Zeitraum 2014-15 wurden rund 1,2 Millionen Studenten und Professionals von über 2.000 Universitäten und Hochschulen in 55 Ländern befragt.
Deloitte hat aus dieser Gesamtheit für die vorliegenden Studien die Ergebnisse aus der Befragung von 211.000 Wirtschaftsstudenten aus 30 Ländern analysiert. Unter diesen befanden sich 3.728 Studenten aus Österreich.
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