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ÖGfE: Europäische Integration muss für Jugendliche greifbarer werden
„Das britische EU-Referendum hat gezeigt, dass gerade die Jugend am seltensten von ihrem Stimmrecht Gebrauch macht. Jene jungen WählerInnen, die an dem Referendum teilnahmen, stimmten jedoch mehrheitlich für den EU-Verbleib. Auch in Österreich sieht eine Mehrzahl der Jugendlichen die EU-Mitgliedschaft positiv. Allerdings wird die EU als fremd und kompliziert empfunden. Ziel muss es sein, die EU - insbesondere für junge Menschen - wesentlich angreifbarer zu machen“, sagt Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), in Bezug auf eine österreichweite ÖGfE-Umfrage, die hauptsächlich an AHS und BHS unter 1712 Jugendlichen im Schuljahr 2015/16 durchgeführt wurde.
60 Prozent der befragten Jugendlichen betrachten die EU-Mitgliedschaft Österreichs als „gute Sache“, 10 Prozent sehen sie als „schlechte Sache“, 29 Prozent halten sie für „weder gut noch schlecht“. Je jünger die Befragten sind, desto positiver beurteilen sie die Mitgliedschaft. Jugendliche an AHS sehen die EU-Mitgliedschaft etwas häufiger als „gute Sache“ als Befragte an BHS.
Insgesamt 80 Prozent der Jugendlichen fühlen sich „auf jeden Fall“ (28 Prozent) bzw. „eher schon“ (52 Prozent) als EU-BürgerInnen. Auf ein Fünftel trifft dies hingegen „eher nicht“ (16 Prozent) bzw. „überhaupt nicht“ (5 Prozent) zu.
Das Interesse an der heimischen Politik ist deutlich höher als an jenem auf europäischer Ebene. Insgesamt 79 Prozent sagen, dass sie am politischen Geschehen in Österreich „sehr“ (33 Prozent) bzw. „eher schon“ (46 Prozent) interessiert sind. Ein Fünftel zeigt sich „eher nicht“ (16 Prozent) bzw. „gar nicht“ interessiert (5 Prozent). Das politische Geschehen in der EU weckt das Interesse von insgesamt 57 Prozent der Befragten (16 Prozent „sehr interessiert“, 41 Prozent „eher interessiert“). 43 Prozent zeigen dagegen eher kein (32 Prozent) bzw. überhaupt kein Interesse (11 Prozent).
Fast zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) geben an, dass Entscheidungen, die für ihr persönliches Leben wichtig sind, hauptsächlich auf nationaler Ebene getroffen werden. Für 19 Prozent ist es die regionale Ebene, für nur 18 Prozent die EU-Ebene.
Mit vorgegebenen Gegensatzpaaren konfrontiert, gaben 72 Prozent der befragten Jugendlichen an, die Europäische Union für „wichtig“ zu halten. 13 Prozent entschieden sich für die Option „unwichtig“ (Rest auf 100 Prozent = keine Antwort). In einem ebenfalls großen Maß wurden der EU die Eigenschaften „nötig“ (67 Prozent), „sozial“ (65 Prozent) bzw. der Begriff „Freiheit“ (63 Prozent) zugeschrieben. 18 Prozent sahen die EU als „unnötig“, 20 Prozent als „unsozial“, 22 Prozent assoziierten die EU mit dem Begriff „Zwang“.
77 Prozent halten die EU hingegen für „kompliziert“ (12 Prozent „einfach“), 55 Prozent sehen sie als „schwach“ (34 Prozent „stark“), als „fremd“ wird sie von 46 Prozent betrachtet (37 Prozent „vertraut“). Ein geteiltes Meinungsbild herrscht in der Frage, ob die EU sicher, jung, offen oder nahe ist.
„Beschlüsse, die auf europäischer Ebene gefällt werden, werden nach wie vor selten mit der eigenen Lebenssituation in Verbindung gebracht. Als Konsequenz – wie das Beispiel Großbritannien, aber auch vergangene EU-Wahlen gezeigt haben – machen besonders die Jungen zu wenig von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Politische Abläufe und Entscheidungsmuster müssen vereinfacht und klarer kommuniziert werden. Auch ein verstärkter Einsatz der Social Media und die Möglichkeit, elektronisch an Wahlen teilzunehmen, könnten hier Abhilfe schaffen. Ein Schulfach „Europa“ und ein verstärkter Austausch mit Jugendlichen aus anderen europäischen Ländern wären weitere wichtige Schritte in die richtige Richtung“, betont Schmidt.
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