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Zahlungs-probleme wegen Brexit? Das befürchten Unternehmen

In seiner 2017er Zahlungsstudie befragte der Kreditversicherer Coface erstmals Unternehmen, welche Folgen der Brexit für ihre Außenstände haben könnte. Fast 87 Prozent der deutschen Unternehmen rechnen nicht mit einer Verschlechterung, 3,3 Prozent befürchten einen Anstieg der Außenstände. Exportorientierte Unternehmen sehen den Brexit etwas kritischer. „Zwar erwarten auch mehr als 84 Prozent dieser Unternehmen keine Veränderung bei den Außenständen. Aber immerhin gehen fast 8 Prozent von einem Anstieg aus“, erklärt Dr. Mario Jung, Economist bei Coface in Deutschland. Die zweite Coface-Studie zu den Zahlungserfahrungen deutscher Unternehmen zeigt: Insgesamt wird nur jeder fünfte Lieferant pünktlich bezahlt. 

Deutsche Exporte nach Großbritannien sind stark konzentriert in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der Pharma- und Chemieindustrie. Könnten besonders diese Branchen von einer schlechteren Zahlungsmoral britischer Kunden betroffen sein? Tatsächlich: Unternehmen in der Automobilwirtschaft zeigen sich mit einem Anteil von 14,3 Prozent am stärksten besorgt über einen Anstieg ihrer Außenstände. Zudem sind die Produzenten von Investitionsgütern aus den Bereichen Maschinenbau (8,5 Prozent) und Mechanik-/Präzisionsindustrie (5,9 Prozent) ebenfalls besorgter als der branchenweite Durchschnitt. 

Zahlungsverzögerungen sind Alltag 

Trotz der guten Konjunkturlage sind fast vier von fünf Unternehmen in Deutschland von Zahlungsverzögerungen betroffen. Über alle Unternehmensgrößen und Branchen betrachtet ist das zwar ein Rückgang um rund sechs Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Für 77,6 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland sind Zahlungsverzögerungen aber weiterhin Alltag. „Im internationalen Vergleich erleben damit mehr deutsche Unternehmen Zahlungsverzögerungen als chinesische“, blickt Dr. Mario jung, Economist bei Coface in Deutschland, auch über die Grenze. 

In China berichteten in einer weiteren Coface-Studie rund 68 Prozent (2016: 80 Prozent) der Unternehmen von Zahlungsverzögerungen. In der Befragung zur Region Asien/Pazifik lag der Anteil ebenfalls bei rund 68 Prozent (2016: 70 Prozent). In der deutschen Unternehmenslandschaft sind Zahlungsverzögerungen ausgeprägter bei den Unternehmen, die vorrangig im Exportgeschäft aktiv sind. Hier beträgt der Anteil mit Zahlungsverzögerungen über 87 Prozent (2016: 90 Prozent), bei den auf den deutschen Markt konzentrierten Unternehmen dagegen 75,9 Prozent (2016: 82,8 Prozent).   

Im Schnitt sechs Wochen Verzögerung 

Am wenigsten betroffen von Zahlungsverzögerungen ist die Branche Textil/Leder/Bekleidung mit 57,9 Prozent. „Dies ist umso bemerkenswerter, da dieser Sektor in der Vorgängerstudie am stärksten betroffen war – und zwar mit einem Anteil von 94,4 Prozent“, sagt Dr. Mario Jung. Diese Position nimmt jetzt der Bereich Papier/Verpackung/Druck mit 90,9 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Lage in den Sektoren Textil/Leder/Bekleidung und Holz/Möbel in diesem Punkt deutlich entspannt. Im Gegensatz dazu haben sich die Zahlungserfahrungen der Branchen Chemie/Öl-/Mineralstoffe sowie Transportwesen eingetrübt. 

Die durchschnittliche Zahlungsverzögerung über alle Branchen beträgt 41,4 Tage. Das ist exakt der Wert aus dem Vorjahr. Unternehmen in Textil/Leder/Bekleidung verbuchen 54,5 Tage, gefolgt von Holz/Möbel mit 53,8 Tagen. Am kürzesten sind die Zahlungsverzögerungen in Mechanik-/Präzisionsindustrie (25,0 Tage), Automobil (31,9 Tage) sowie Chemie/Öl-/Mineralstoffe (33,1 Tage).

Außenstände in vielen Branchen geringer 

In neun der 13 betrachteten Sektoren hat sich der finanzielle Umfang ausstehender Zahlungen gegenüber dem Vorjahr verringert. Für sieben davon ist das Volumen das zweite Jahr in Folge gesunken. 26,9 Prozent der Unternehmen sehen eine Verringerung des Volumens, während 7,7 Prozent von einem Anstieg berichten. Besonders deutlich ist der Rückgang im Bereich Landwirtschaft/Nahrungsmittel mit minus 19,2 Punkten. Deutliche Verbesserungen sind zudem im Bereich IT/Telekommunikation zu verzeichnen. 

Die „Sorgenkinder“ bei dieser Frage stellen die Branchen Textil/Leder/Bekleidung (+18,2 Punkte) und Metalle (+13,7 Punkte, nach 12,7 in 2016) dar. Obwohl also bei den Produzenten von Textil/Leder/Bekleidung Zahlungsverzögerungen mit 57,9 Prozent am seltensten sind, ist der Anstieg im Volumen ausstehender Zahlungen gegenüber dem Vorjahr hier besonders groß. Und auch die Dauer der Verzögerungen relativiert die auf den ersten Blick positive Bezahlsituation der Branche.

Finanzielle Schwierigkeiten der Kunde 

Hauptgrund für Zahlungsverzögerungen sind für 46 Prozent der Unternehmen finanzielle Schwierigkeiten ihrer Kunden. Dieser Anteil ist gegenüber dem Vorjahr (54,5 Prozent) deutlich gesunken. Dagegen haben andere Aspekte etwas an Bedeutung gewonnen. 17,5 Prozent (2016: 14,2 Prozent) benannten Managementprobleme als Hauptgrund, gefolgt von wirtschaftlichen Streitfällen wie beispielsweise Ungereimtheiten im Hinblick auf die Produktqualität mit 11,5 Prozent (2016: 9,4 Prozent). Betrugsfälle machen bei 4,2 Prozent (2016: 3,8 Prozent) der Unternehmen die Hauptursache für Zahlungsverzögerungen aus. Exportorientierte Unternehmen berichten mit 19,1 Prozent weitaus häufiger von Streitfällen.

Foto/Quelle: Coface/APA-Fotoservice/Hörmandinger

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