Aktuell
Gewerkschaft vida: Tourismus braucht mehr qualifiziertes Personal aus Österreich
„Ich stimme ÖHV-Präsidentin Reitterer zu – sie hat recht mit ihrer Aussage, dass der heimische Tourismus mehr qualifizierte Fachkräfte braucht“, so Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida. Diese müssen wir aber in erster Linie in unserem Land suchen und ausbilden, unterstreicht Tusch: „Die Lehrlingszahlen gehen seit Jahrzehnten zurück, gleichzeitig rufen Betriebe nach Fachkräften aus dem Ausland. Angesichts der Arbeitslosenzahlen kann die Devise nur lauten: Ausbilden, ausbilden, ausbilden!“
Beschäftigte nicht gegeneinander ausspielen
Eine Öffnung des Arbeitsmarktes Richtung Kroatien hält Tusch zum jetzigen Zeitpunkt für nicht angebracht und zielführend. „Was wir brauchen sind Programme, wie wir die Menschen in Österreich in nachhaltige Beschäftigung bringen. Das Rezept ‚Lohndumping mit Menschen aus dem Ausland‘ bringt uns sicher keinen Schritt weiter. Was wir klar ablehnen ist, dass ArbeitnehmerInnen aus verschiedenen Ländern gegeneinander ausgespielt werden sollen.“ Tusch erinnert zudem an den europäischen Gedanken und verweist darauf, dass Kroatien selbst ein boomendes Urlaubsland ist: „Der Tourismus in Kroatien hat ein Recht darauf, seine eigenen Arbeitskräfte zu beschäftigten und so den Menschen eine Perspektive zu geben. Ziehen wir diese Menschen ab, verschärfen wir die Situation in dem Land.“
Gute Lohnabschlüsse wichtiges Signal
Mit dem diesjährigen Lohnabschluss, vor allem bei den Lehrlingen, hat die Branche bewiesen, dass „sie bereit ist, finanziell ein Zeichen zu setzen“, so Tusch. Für den vida-Gewerkschafter geht es jedoch nicht nur um monetäre Anreize, sondern „müssen vor allem die Rahmenbedingungen passen.“ Am Rande der heurigen Lohnverhandlungen haben Gewerkschaft und Arbeitgeber bereits Termine ausgemacht, um noch vor dem Sommer mit der dringend notwenigen Rahmenreform im Hotel- und Gastgewerbe zu beginnen. „Diese Reform ist aus Sicht der Gewerkschaft vida eine gute Möglichkeit, das Image der Branche mehr als kräftig aufzupolieren. Die Frage wird sein, ob die Arbeitgeber die Zeichen der Zeit erkannt haben oder ob es zu allen arbeits- und sozialrechtlichen Verbesserungen wie schon so oft ein NEIN gibt“, so Tusch.
Wie eine Imageverbesserung allerdings mit einigen Punkten aus dem Regierungsprogramm zusammenpassen soll, ist Tusch unklar: „Eine weitere Verkürzung von Ruhezeiten und die Anhebung der Tagesarbeitszeiten werden uns keine ArbeitnehmerInnen in die Branche bringen, sondern definitiv den gegenteiligen Effekt auslösen.“
Arbeitsbedingungen für die Zukunft schaffen
Abschließend betont Tusch, dass der Tourismus immer noch als Jobmotor gesehen werden kann: „Auch hier bin ich mit der ÖHV-Präsidentin auf einer Linie. Ein Jobmotor kann allerdings nur dann auf lange Sicht gut laufen, wenn die ArbeitnehmerInnen auch länger in der Branche verweilen und nicht nach wenigen Jahren das Weite suchen.“ Fachkräfte aus dem Ausland in den österreichischen Tourismus zu importieren, wäre wohl nur wie ein kurzes Strohfeuer, ist Tusch überzeugt: „Personallücken mit Arbeitskräften aus dem Ausland zu stopfen, hat schon einmal nicht funktioniert, wenn man an den Rückgang der Zahl deutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer denkt. Nutzen wir die Chance, grundlegend positive Veränderungen in der Branche herbeizuführen. Wir brauchen faire Arbeitsbedingungen, hochwertige Ausbildung sowie die Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes.“
Foto/Quelle: Shutterstock/ Pro_Vector