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Marshallplan Symposium: „Echte Amerikabilder entstehen durch Austausch und Bildung“
107 Stipendiaten und 21 Lehrlinge wurden heuer ausgewählt, mit den Austauschprogrammen der Marshallplan-Jubiläumsstiftung in die USA zu reisen. 2018 gab es erstmalig auch einen Ausbildungsaufenthalt für Lehrlinge. Dieser war so erfolgreich, dass er heuer wiederholt wird. Zur Verleihung der Stipendien präsentierte Prof. Günter Bischof „Amerikabilder“.
Beim Marshallplan Symposium wurden heuer 128 Marshallplan Fellowships verliehen: An 107 Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie 21 Lehrlinge aus Österreich. Sie werden im Studienjahr 2019/20 mit den Austauschprogrammen der Stiftung in die USA reisen „und im Rahmen ihres Bildungsaufenthalts und Studienaustauschs wichtige Beiträge für gute transatlantische Beziehungen und authentische Amerikabilder in Österreich und Europa leisten“, wie Dr. Wolfgang Petritsch, Präsident der Marshallplan-Jubiläumsstiftung resümierte.
Bereits im Vorjahr waren neben Studenten erstmals auch Lehrlinge aus Österreich zum Austausch in den USA. „Das war so erfolgreich, dass wir das heuer gemeinsam mit dem AFS wiederholen“, sagt Markus Schweiger, Vorstand der Marshallplan-Jubiläumsstiftung.
Vielfältige Amerikabilder
„Denken Sie über Ihre Amerikabilder nach und überprüfen Sie, ob Sie diese in den USA wieder finden. Denn wir alle haben starke Amerikabilder in unseren Köpfen – auch Menschen, die noch nie dort waren.“ Mit diesen Worten an die Stipendiaten leitete Prof. Günter Bischof vom Center Austria der University of New Orleans seinen Vortrag über „Die Amerikabilder der Europäer und Österreicher“ ein. Professor Bischof gilt als der führende Marshallplan-Historiker. Seinen Vortrag begann er mit den Zeichnungen von Native Americans als „edle Wilde“ des aus Lüttich stammenden Theodor de Brey, der im ausgehenden 16. Jahrhundert die ersten Amerikabilder für Europa schuf. Darstellungen Amerikas als Paradies mit beindruckender Natur und indianischen Ureinwohnern wirkten lange nach und haben etwa noch im 19. Jahrhundert das Werk des Schriftstellers Karl May geprägt.
Im 20. Jahrhundert lieferte unter anderem der österreichisch-amerikanische Fotograf Ernst Haas mit seinen Aufnahmen überwältigende Amerikabilder. Doch bereits im 18. Jahrhundert wurde das Amerikabild der Europäer um andere, negative Dimensionen erweitert. Etwa durch die literarischen Beschreibungen des „Österreichers“ Nikolaus Lenau, der Amerika als unkultiviert und materialistisch schilderte und damit zu einem gefeierten Dichter avancierte. Wenig beeindruckt von den USA zeigte sich auch Thronfolger Franz Ferdinand, der 1893 auf Weltreise die Weltausstellung in Chicago besuchte. In den USA fehlte dem Österreicher „die Gemütlichkeit“. „Interessant, dass er sie dort vermutet hatte“, kommentierte Professor Bischof. Dessen ungeachtet emigrierten zwischen 1900 und 1910 etwa 3,4 Millionen Menschen aus der Donaumonarchie in die USA.
Sigmund Freund, 1909 auf Amerikareise, nannte das Land abschätzig „Dollaria“. Doch gerade der kapitalistische Drive Amerikas wurde in Österreich auch sehr bewundert: Der Fordismus – die Massenproduktion nach amerikanischem Vorbild ¬– sowie der Taylorismus – der wissenschaftliche Zugang zur Steigerung der Produktivität nach Frederick Winslow Taylor. In Österreich erschien in den 1920er Jahren gar eine „Taylor-Zeitschrift“.
„Nach dem 2. Weltkrieg wurden zuerst die Jungen amerikanisiert“, betont Bischof. Der jüngeren Generation wurden über amerikanische Populärkultur sowie Konsumerismus, mit Rock‘n Roll, Jeans und Coca, neue Wege des Wohlstands eröffnet. Das Amerikabild nach Ende des 2. Weltkriegs ist vor allem von Ambiguität geprägt. Intensive Wellen der „Amerikanisierung“ wechseln oder laufen parallel mit Strömungen des Anti-Amerikanismus etwa zu Zeiten des Vietnamkrieges unter Präsident Lyndon B. Johnson oder des Irakkriegs unter Präsident George W. Bush.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde das Thema Ambiguität des Amerikabilds vertieft. Mit Professor Bischof diskutierten die Leiterin der Sammlung des Architekturzentrums Dr. Monika Platzer sowie Prof. Alexandra Ganser von der Universität Wien und Dr. Wolfgang Petritsch, Präsident der Marshallplan-Jubiläumsstiftung.
Über die Marshallplan-Jubiläumsstiftung:
Die österreichische Marshallplan-Jubiläumsstiftung (Austrian Marshall Plan Foundation) fördert den wissenschaftlichen Austausch von Studierenden und Forschenden aus Österreich und den USA mit dem Ziel, Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu vertiefen sowie die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern. Jährlich werden Stipendien an österreichische Studierende mit exzellenter Studienleistung für Forschungsaufenthalte in den USA vergeben. Der Marshallplan (European Recovery Program) war ein Wirtschaftswiederaufbauprogramm der USA, das nach dem Zweiten Weltkrieg Westeuropa mit Krediten, Rohstoffen, Lebensmitteln und Waren versorgte.
Foto: Marshallplan-Jubiläumsstiftung/Richard Tanzer