Aktuell
Equal Pay Day: Einkommensschere schließt sich nur sehr langsam
Das internationale Frauennetzwerk BPW – Business and Professional Women – berechnet seit 2009 den Equal Pay Day für Österreich. Dieser Aktionstag, der die Einkommensungerechtigkeit zwischen Frauen und Männern aufzeigt, fällt heuer auf den
25. Februar 2020.
Der Equal Pay Day geht auf die 1960er Jahre in den USA zurück. 2008 wurde die Initiative der BPW nach Europa und 2009 nach Österreich geholt, damals fiel er auf den 15. April 2009. "Seither ist der Equal Pay Day um 49 Tage nach vorne gerückt", erklärt Cornelia Pessenlehner, Präsidentin von BPW Austria, "das ist ein großer Schritt, aber erst die Hälfte des Weges. Ziel muss der 31. Dezember sein."
Die Einkommensdifferenz manifestiert sich vor allem in den Berufsgruppen der Angestellten mit 32,4 Prozent und Arbeiter*innen mit 27,5 Prozent. Dieser Wert wird durch den Vergleich der ganzjährig Vollbeschäftigten errechnet. Der Pay Gap, wie die Einkommensschere auch genannt wird, hat nichts mit Teilzeitarbeit oder ehrenamtlichen Tätigkeiten zu tun, die den geringeren Verdienst erklären könnten. Der Pay Gap drückt aus, dass Frauen für dieselbe Arbeit weniger Geld erhalten als Männer, in Tagen ausgedrückt sind es 56 Tage in diesem Jahr, die Frauen gratis arbeiten – oder hochgerechnet: jedes 7. Jahr. Das wirkt sich nicht nur auf den Kontostand und die Lebensqualität aus, sondern auch langfristig auf die Pension.
"Der Gehaltsunterschied wird manchmal vor dem ersten Arbeitstag festgeschrieben", erklärt Birgit Polster, Personalberaterin aus Salzburg. Männer beziffern bei Einstellungsgesprächen ihre Wunschgage sehr genau und zeigen wenig Bereitschaft, von ihren Forderungen abzugehen oder für weniger Geld den Job zu wechseln. Frauen hingegen wägen auch flexible Arbeitszeiten und soziale Strukturen im Betrieb ab, sind aufgrund guter Rahmenbedingungen auch bereit, für weniger zu arbeiten, insbesondere um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, sagt sie.
In Österreich besteht im europäischen Vergleich ein hohes geschlechtsspezifisches Lohngefälle zwischen Frauen und Männern. Die Zahlen der Statistik Austria lassen regionale Vergleiche im Bundesgebiet zu, denn entscheidend für die tatsächliche Höhe des Einkommensunterschieds ist das Bundesland. Während in Wien der Pay Gap mit 6 Prozent beziffert wird, klafft er in Vorarlberg 24,3 Prozent auseinander.
Equal Pay Transparenz
Unternehmen, die dauerhaft mehr als 150 Mitarbeiter beschäftigen, stehen in der Pflicht, alle zwei Jahre Einkommensberichte abzuliefern, auf deren Basis die Statistik Austria arbeitet und der Rechnungshof berichtet. Die Daten enthalten alle Informationen über Verwendungsgruppen, Dienstjahre und Entlohnung für Frauen und Männern getrennt. Wenn der Bericht nicht abgegeben wird oder wenn er eindeutig Rückschlüsse auf die Diskriminierung von Frauen zulässt, gibt es keine Konsequenzen. "Da muss seitens der Regierung nachgebessert werden." fordern die BPW.
Bereits letztes Jahr ließ Margarete Schramböck (aktuell Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort) mit der Idee aufhorchen, ein Equal Pay Siegel für Unternehmen zu verleihen, also jene positiv hervorzuheben, die Equal Pay in der Unternehmenskultur leben. Diese Qualitätsauszeichnung findet sich im aktuellen Regierungsprogramm von Türkis-Grün wieder, wenn auch nur als halber Einzeiler. Niedergeschrieben ist des weiteren, dass der Pay Gap in der Berufsgruppe der Kunst- und Kulturschaffenden geschlossen werden soll, in dieser Berufsgruppe beträgt der Einkommensunterschied laut Rechnungshofbericht 18 Prozent, liegt also um knappe 3 Prozent über dem Durchschnitt. "Was ist jedoch mit den Berufsgruppen der sonstigen Dienstleistungen, zu denen auch jene Berufe gezählt werden, die vorrangig von Frauen ergriffen werden," stellen die BPW in Frage. Friseurinnen als Beispiel: dort liegt die Differenz bei 34 Prozent, bei Erziehung und Unterricht oder im Finanz- und Versicherungswesen bei 26 Prozent. Einzelne Berufsgruppen herauszupicken, sehen die BPW nicht als zielführend, vielmehr muss der Pay Gap für alle Arbeitnehmer*innen gleichermaßen geschlossen werden, unabhängig von der Branche und Region. Die Politik ist gefordert, die dafür nötige Einkommenstransparenz einzufordern und somit die Basis für gerechte Entlohnung zu schaffen, die weder Frauen noch Männer diskriminiert.
Foto: Shutterstock/krissikunterbunter