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Kommt es zu einer Betriebsübergabe-Welle im Herbst? Was tun?

„Covid-19-bedingte Umsatzrückgänge werden voraussichtlich dazu führen, dass sich in den kommenden Monaten deutlich mehr Inhaber von ihren Unternehmen trennen werden als in den Vergleichsperioden der Vorjahre“, erklärt Mag. Claudia Strohmaier, Berufsgruppensprecherin Unternehmensberatung in der Wiener Wirtschaftskammer. Im Gegenzug gibt es für tatkräftige Unternehmenspersönlichkeiten ein breiteres Angebot am Markt, um einen Betrieb inklusive Kundenstock zu übernehmen. 8 Tipps aus der Unternehmensberatungs-Praxis, um Kardinalfehler zu vermeiden.  

Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens bietet zahlreiche Vorteile: Es gibt beispielsweise einen vorhandenen Kundenstock, erfahrene Mitarbeitende und gewachsene Strukturen. Allerdings sind etliche dieser potenziellen Übernahmeobjekte durch die Pandemie eben auch in wirtschaftlicher Bedrängnis. „Weitermachen wie bisher ist kein tragfähiges Konzept. KMU und EPU suchen daher derzeit verstärkt Unterstützung bei Unternehmensberatungen, um ihre Unternehmen wieder auf Vordermann zu bringen. Andere nutzen den Umsatzrückgang zur Weitergabe – sei es durch Verpachtung, Übergabe an die nächste Generation oder Verkauf“, erklärt Mag. Claudia Strohmaier, Berufsgruppensprecherin Unternehmensberatung in der Wiener Wirtschaftskammer. Auf folgende Punkte sollten Interessenten laut der Expertin bei einer Übernahme besonders achten.   

1)     Hinterfragen Sie einfach alles 

In der Unternehmensberatung gibt es keine Tabus beim Hinterfragen der Sachlage. Welche Gründe hat der jetzige Eigentümer für die Weitergabe? Wie ist das Unternehmen von Covid-19 betroffen? Wie ist die Konkurrenzsituation im näheren Umfeld, wie im World Wide Web? Wie war die Margenentwicklung bei den angebotenen Produkten und Dienstleistungen in der Vergangenheit, wie ist die Zukunftsperspektive? Welche neuen relevanten Gesetze bzw. Verordnungen sind in Planung? 

2)     Bewahren Sie Gutes, sorgen Sie zugleich aber für frischen Wind 

Viele Unternehmen haben eine langjährige Beziehung zu ihren Kunden aufgebaut. Gar nicht so selten bieten die Übergeber den Übernehmern an, noch eine Zeit lang mitzuarbeiten. Ein Angebot das man nicht ausschlagen sollte, um die bisherigen betrieblichen Abläufe besser zu verstehen. Zugleich sollten die Betroffenen mithilfe externer Unternehmensberatung alte Gewohnheiten hinterfragen, um mittels frischer Ideen in eine neue Ära durchzustarten.   

3)     So eruieren Sie einen angemessenen Kaufpreis 

Je nach Branche und Unternehmenssituation können bei der Kaufpreisfestsetzung andere Bewertungsverfahren zum Tragen kommen. Wichtige Faktoren sind jedenfalls die Umsatz-, Gewinn- und Margenentwicklung, die Marktposition, der Kundenstock, die Qualität der Mitarbeitenden und der Produkte, der Standort sowie vorhandene Patente oder Markenrechte. Ebenfalls eine wichtige Rolle spielen das aktuelle Angebot und die Nachfrage am Gewerbeimmobilien-Markt – letztendlich auch das Verhandlungsgeschick. Genau da macht sich externes ExpertInnen Know-how bezahlt, denn Sie kaufen nur einmal, UnternehmensberaterInnen haben hingegen die Erfahrung aus unterschiedlichen Unternehmenstransaktionen. 

4)     Erkundigen Sie sich, ob ein Befähigungsnachweis erforderlich ist 

Nur weil jemand schon immer gerne einen eigenen Gasthof oder ein eigenes Restaurant besitzen wollte und der Vorbesitzer dazu die Berechtigungen hatte, kann der Nachfolger nicht einfach ein Gewerbe anmelden und zur Tat schreiten. Ab einer bestimmten Betriebsgröße und abhängig von den angebotenen Speisen und Getränken ist oft ein Befähigungsnachweis erforderlich. Das Gastgewerbe ist grundsätzlich ein reglementiertes Gewerbe, wobei es für bestimmte eingeschränkte gastgewerbliche Tätigkeiten Ausnahmen gibt. Auch in anderen Branchen sind in zahlreichen Fällen Befähigungsnachweise notwendig. 

5)     Lassen Sie sich über die Vor- und Nachteile der Rechtsformen beraten 

Eine GmbH klingt auf den ersten Blick als Rechtsform perfekt, schließlich verrät bereits der Name, dass die Haftung der Gesellschafter beschränkt ist. Natürlich wissen auch die Kreditgeber, dass sie nicht einfach beim Privatvermögen regressieren können, und verlangen daher zusätzliche Sicherheiten. Zudem ist eine Mindest-Körperschaftssteuer zu entrichten, selbst wenn in einem Wirtschaftsjahr keine Gewinne anfallen sollten. Also doch lieber eine Personengesellschaft? Patentrezept gibt es leider keines, denn alle Rechtsformen haben ihre Daseinsberechtigung. Umso wichtiger ist gute Beratung.  

6)     Beeindrucken Sie die Geldgeber mit professionellen Businessplänen 

Je riskanter eine Branche und je geringer die eigene Bonität, desto mehr Eigenkapital verlangen in der Regel die externen Geldgeber. Eine wichtige Bedeutung haben dabei Businesspläne, die auch die Liquiditätsplanung enthalten. Je überzeugender und professioneller diese ausfallen, umso besser werden die Erfolgsaussichten – und in weiterer Folge auch die Konditionen – sein. Gar nicht so wenige Unternehmen machen auch den Fehler, dass sie die finanziellen Belastungen durch Investitionen in der Anlaufphase unterschätzen – und diese daher nicht einkalkulieren. 

7)      Gewinnen Sie durch Delegieren berufliche Freiräume

Selbständigkeit ist eine ausgezeichnete Möglichkeit zur Selbstverwirklichung. Vielfach arbeiten die Betroffenen aber nicht nur von Montag bis Freitag acht Stunden pro Tag, sondern deutlich mehr. Deshalb ist es wichtig, sich selbst auch ein wenig zurückzunehmen, einen Ausgleich zu schaffen und durch Delegieren von Aufgaben Freiräume zu gewinnen.   

8)     Haftungsfragen und Rechtsfolgen unbedingt abklären 

Aufpassen muss man aus abgabenrechtlicher Sicht bei Umgründungen im Zuge von Übernahmen – beispielsweise in eine GmbH. Auch der Zeitpunkt eines herkömmlichen Betriebsübergangs birgt Risiken, weil Rechte und Pflichten auf das neue Unternehmen übergehen können. Sollen beispielsweise alle bisherigen Mitarbeitenden übernommen werden? Und wer haftet für die bestehenden Verbindlichkeiten? 

„Die finanziellen Vorteile von Unternehmensberatung übertreffen die Beratungskosten unter dem Strich oft um ein Vielfaches“, zieht Strohmaier Bilanz. Kompetente Unternehmensberatung zahle sich zudem nicht nur für jene aus, die ein Unternehmen übernehmen wollen, sondern auch für jene, die eines übergeben. Extra-Tipp von Mag. Martin Puaschitz, Obmann der Fachgruppe für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie in der Wiener Wirtschaftskammer (UBIT Wien): „Unternehmen sollten sich bei ihrer Unternehmensberatung immer auch nach Förderungen erkundigen. Das gilt sowohl für Förderungen im Zuge der Neuübernahme, als auch für Förderungen für die Beratungsleistung selbst.“

Foto: Anja-Lene Melchert

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