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Acht Tipps gegen psychische Belastungen am Arbeitsplatz

Beschleunigung, Dauererreichbarkeit oder der Drang zum Perfektionismus gehören seit Jahren zur modernen Arbeitswelt. Durch die Corona-Pandemie und die Lockdowns kamen noch weitere Stressfaktoren dazu. „Die Nachrichtenflut und immer neue Verordnungen führen zu einer Zunahme von Angststörungen und Depressionen – bis hin zum Burnout“, erklärt der Arzt für Allgemeinmedizin, Psychosomatik und Psychotherapie, Dr. Günther Schreiber. Der Branchenmanager für das Gesundheitswesen bei der Quality Austria erklärt, welche Maßnahmen Mitarbeiter und Arbeitgeber zur Prävention und Gegensteuerung ergreifen können. 

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt auf den Kopf gestellt. Büroangestellte sitzen alleine im Homeoffice oder müssen sich nebenbei um die Betreuung der Kinder kümmern. Manche Mitarbeiter arbeiten noch an ihrem Arbeitsplatz, müssen jedoch während der Arbeit permanent Masken tragen. Auch die Kollegialität und das Zusammengehörigkeitsgefühl leiden unter dem Abstandhalten und der zunehmenden Distanz. Die psychischen Belastungen können nicht nur für Mitarbeiter schwere Folgen haben, sondern auch für die Arbeitssicherheit und Betriebsfähigkeit des gesamten Unternehmens. Dr.med.univ. Günther Schreiber, Netzwerkpartner, Projektmanagement und Koordination Branche Gesundheitswesen, Quality Austria gibt acht Tipps. 

1)   Zusammenhalt durch den Arbeitgeber fördern

Permanente Medienberichte können Angst, Panik und ein Gefühl von Hilflosigkeit erzeugen – oder zumindest verstärken. Besonders anfällig sind Mitarbeiter, die auch schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie an Symptomen gelitten haben, denn sie könnten sich in ihren Ängsten bestätigt fühlen. Die Folge sind Rückzugstendenzen bis hin zu massiven Aggressionen. „Die Arbeitgeber sind gefordert, die Mitarbeiter sachlich zu informieren, sinnvolle Maßnahmen zu setzen und den Zusammenhalt zu fördern“, so der Experte.

2)   An der Kommunikations- und Fehlerkultur arbeiten

Entdecken Vorgesetzte oder Kollegen negative Stimmungsschwankungen bei Mitarbeitern sollte zuerst ein offenes und konstruktives Gespräch geführt werden, um die Ursachen zu ergründen. Vorgesetzte könnten in weiterer Folge die Rahmenbedingungen anpassen, also beispielsweise die Arbeitszeit ändern, Rollen oder Funktionen befristet umstellen, Supervision beantragen etc. Auch an der Kommunikations- und Fehlerkultur kann gearbeitet werden.  

3)   Den Inhalt von Online-Konferenzen reflektieren

Ganz gleich welches Tool benutzt wird, Online-Konferenzen sollten immer die Ausnahme darstellen. Denn ab fünf Teilnehmern ist es fast unmöglich, ohne einer disziplinierten Moderation dynamisch interaktiv zu agieren. Sind die Mikrofone aller Mitarbeiter gleichzeitig an, gibt es meist Störgeräusche. Darf hingegen immer nur einer reden, dauert es sehr lange bis der Einzelne zu Wort kommt. Moderieren und nebenbei Kommentare in Chats zu lesen, kann zudem sehr anstrengend sein. Empfehlenswert sind Pausen, um das Besprochene zu reflektieren oder Online-Meetings in Kleingruppen. 

4)   Verbale Kommunikation massiv erhöhen

Die nonverbale Kommunikation ist die älteste Sprache der Welt. Sie ist viel rascher und wirksamer als die verbale. Händeschütteln und andere Gesten dienen dazu Barrieren abzubauen und unser Gegenüber näher einzuschätzen. „Wir werden zunehmend Missverständnisse in der Kommunikation mit Auswirkungen auf Beziehungen erleben. Dem entgegenzuwirken ist kaum möglich. Eine kleine Chance besteht in der massiven Erhöhung der verbalen Kommunikation“, erklärt Schreiber. 

5)   Motivation der Mitarbeiter hochhalten

Das verringerte Kundenaufkommen kann in manchen Branchen zu Leerläufen und Langeweile führen. Das Paradox ist, dass es Mitarbeiter als Belästigung empfinden können, wenn trotz Flaute irgendwann doch ein Kunde ins Geschäft kommt, weil sie gerade in Ruhestellung sind. „Wir Menschen gewöhnen uns rasch an die Bequemlichkeit. Die Kunst ist es, die Motivation hochzuhalten und den Mitarbeitern zu vermitteln, dass um jeden einzelnen Kunden gekämpft werden muss. Hier ist nicht nur die soziale Kompetenz der Führungskräfte gefragt, sondern auch die Unternehmenskultur“, betont Schreiber. 

6)   Die passenden Masken für die Mitarbeiter finden

Manche Menschen müssen im Job permanent Masken tragen. Wichtig ist auf die unterschiedliche Qualität hinzuweisen. Professionelle Masken (FFP2, FFP3) bieten zwar mehr Schutz, der Atemwiderstand ist aber auch erheblich größer, sodass mehr Kraft zum Atmen notwendig ist. Bei chronisch kranken Mitarbeitern kann das zu Atemnot führen. „Hier gilt es Personen, die aus gesundheitlichen Gründen – sei es nun physisch oder psychisch – keine Masken tragen dürfen, nicht zu diskriminieren und andere geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu treffen“, erläutert der Mediziner.

7)   Vielfältige Unterstützungen im Homeoffice nützen

Im Homeoffice macht es Sinn, eine Tagesstruktur einzuhalten. Nach einer einstündigen Tätigkeit sind jeweils kurze Pausen mit Bewegung empfehlenswert – idealerweise sogar im Freien und bei Bedarf auch öfters. Zudem ist eine Abgrenzung des privaten vom beruflichen Bereich wichtig. Sich beidem zeitgleich zu widmen, kann zu Überforderung führen. Bei Alleinerziehenden kann beispielsweise der enge Freundeskreis bzw. eine Bezugsperson bei der Kinderbetreuung einspringen. Bei Bedarf sollten sich die Mitarbeiter auch nicht scheuen, psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen, Beratungshotlines zu nützen oder sich Selbsthilfegruppen anzuschließen. 

8)   Hobbys aktivieren oder neue entwickeln

Die Erinnerung an andere Krisenzeiten – und wie diese gemeistert wurden – kann ebenfalls die psychische Anspannung reduzieren. Ebenso die Aktivierung von Hobbys oder die Entwicklung neuer Freizeitbeschäftigungen. Schlussendlich kann sogar eine Auszeit von den unterschiedlichen Rollen (Mutter, Vater, Sohn, Tochter, Ehepartner…) hilfreich sein, um sich Zeit für sich selbst zu nehmen. 

„Jede Organisation ist für die Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten und für alle, die von deren Tätigkeit betroffen sein können, verantwortlich. Das inkludiert auch den Schutz und die Förderung ihrer physischen und psychischen Gesundheit“, erklärt Eckehard Bauer, MSc, Business Developer für Risiko- und Sicherheitsmanagement, Business Continuity, Transport bei Quality Austria. Eckehard Bauer sieht Managementsysteme als wirksame Verbündete bei diesem Vorhaben. „Das Arbeitnehmerschutzgesetz in Kombination mit der ISO 450011) und der ISO 223012) dienen dem Ziel der Reduktion psychischer Belastungen von Beschäftigten und der Stärkung der Betriebsfähigkeit der eigenen Organisation“, so der Experte abschließend.

Foto: Anna Rauchenberger

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