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Kategorie: News/Kunst/Immobilien/Architektur
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Stella Rollig, Belvedere-Chefin, im ABW-Gespräch: "Das Museum ist ein Kraftort"

Stella Rollig leitete jahrelang sehr erfolgreich das Lentos. Nun ist sie seit Kurzem Belvedere-­Chefin und als Wienerin in ihre Heimatstadt zurückgekehrt zum für sie schönsten Museum ­Österreichs, das sie zum „Kraftort“ machen möchte, „der dazu einladen soll, innezuhalten“. 

Stella Rollig studierte Germanistik und Kunstgeschichte. Ab 1985 arbeitete sie für den ORF-Hörfunk und ab 1990 in der Kulturredaktion der Tageszeitung „Der Standard“. Vier Jahre später wurde die gebürtige Wienerin österreichische Bundeskuratorin für bildende Kunst. Diese Funktion übte sie bis 1996 aus. Dann übernahm sie bis 1998 einen Lehrauftrag an der Akademie für bildende Künste in München. Zuvor hatte sie noch 1994 das Depot. Kunst und Diskussion im Wiener Museumsquartier gegründet. Nach einem Aufenthalt in Kanada war Stella Rollig im Jahr 1999 Kuratorin für zeitgenössische Kunst für die steiermärkische Landesausstellung „Verkehr“. Im Jahr 2000 arbeitete sie am O.K. Centrum für Gegenwartskunst in Linz sowie für den Steirischen Herbst. 2001/2002 hatte sie einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Joanneum in Graz inne, ebenso war sie seit 2001 Lehrbeauftragte an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz. Die ausgewiesene Expertin für zeitgenössische Kunst war Kuratorin für bildende Kunst am O.K. Centrum in Linz, bevor sie 2004 das Linzer Kunstmuseum Lentos als Direktorin übernahm, wo sie im Laufe der Jahre etliche Erfolge verzeichnete, wie etwa 2006 mit einer Werkschau von Gottfried Helnwein oder 2008 mit einer Kokoschka-Ausstellung. 

Ungewöhnliche Wege

Vor zehn Jahren bereitete sich das Lentos – und mit ihm seine Chefin – bereits auf das europäische Kulturhauptstadt Linz09 vor. Eine Kulturhauptstadt – und sei es auch bloß für ein Jahr – braucht eine Kunstsammlung, die diesem Rang und der damit verbundenen Erwartung an nationale Repräsentation entspricht, das war der Anspruch. Nur Linz hatte so etwas nicht. Das Lentos Kunstmuseum und Linz09 gingen sammeln, knapp hundert Spitzenwerke aus österreichischen Sammlungen quer durch sämtliche Stilrichtungen und mehrere Jahrhunderte fanden sich zusammen und „Best of Austria. Eine Kunstsammlung“ wurde ein weiterer großer Erfolg für Stella Rollig. Genauso wie „Der nackte Mann“ 2012 und 2013 die Olafur-Eliasson-Schau, weltbekannt für seine Projekte und Installationen in Museen sowie im öffentlichen Raum. 

Godfathers of British Art“ 

Ihr ganz persönliches berufliches Highlight der letzten zehn Jahre ist allerdings ein anderes: 2011, als das Lentos eine Einzelausstellung von Gilbert & George, Weltstars der internationalen Kunst und berühmt geworden durch ihre Auftritte als „living sculptures“, präsentierte, kamen die „Godfathers of British Art“ persönlich ins Lentos. Für Stella Rollig ist es „unvergesslich, als die Sirs Gilbert & George zu ihrer großen Einzelausstellung ins Lentos gekommen sind: lebende und höchst lebendige Wahrzeichen der Kunstgeschichte!“ 

„Kraftort“ Museum

Seit Kurzem bilden nun Stella Rollig und Wolfgang Bergmann – er verantwortete den wirtschaftlichen Part – die Doppelspitze des Belvedere, eines der ältesten Museen der Welt und gleichzeitig Ort der zeitgenössischen Kunst. Ihre Visionen für die Zukunft laufen unter dem Titel „Museum neu denken. Museum neu erleben“. Ausgangspunkt dafür ist für Stella Rollig das Museum als „Kraftort“, „der dazu einladen soll, innezuhalten und in Dialog mit der Kunst zu treten. Die intensive Auseinandersetzung mit Kunst ist verbunden mit einer höheren Aufenthaltsqualität.“ Die Besucherinnen und Besucher sollen mehr Zeit im Haus verbringen, hier zur Ruhe kommen und Wissen und Erfahrungen mitnehmen, die kein Reiseführer und kein anderes Medium bieten können. „Die häufigste Frage an Museumsverantwortliche ist, wie viele Menschen ein Museum besuchen. Diese Frage ist berechtigt. Ich plädiere dennoch für einen Wechsel des Denkmusters. Wir müssen uns fragen: Wie gehen die Menschen aus dem Museum wieder hinaus, was nehmen sie von ihrem Besuch mit?“, umreißt Rollig, ihre Aufgabe und ihr Selbstverständnis.

Foto: Petramer