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Whisky aus dem Waldviertel: Wie aus einer belächelten Idee ein Top-Unternehmen wurde

Die schönsten Geschichten schreibt das Leben: Vor mittlerweile zwanzig Jahren traf Familie Haider aus Roggenreith (NÖ) eine weitreichende Entscheidung. Nachdem sich die wirtschaftliche Lage des als Bauernhof geführten Betriebs durch den EU-Beitritt verändert hatte, wurde eine zusätzliche „Einnahmequelle“ gesucht – und gefunden. Schnaps- und Kornbrennen lautete die Devise. Heute ist der Waldviertler Familienbetrieb weit über die Grenzen Österreichs für seinen hervorragenden Whisky bekannt.

Endlose Wälder, Wackelsteine, Moore, nebelverhangene Teiche und Seen: Für Urlauber ist das Waldviertel ein mystisches, raues, ursprüngliches Land. Viele Menschen, die in dieser Region leben, können der romantisch-verklärenden Sichtweise jedoch nur wenig abgewinnen, sind doch die beruflichen Perspektiven alles andere als gut. Aufgrund fehlender Arbeitsplätze ist die Abwanderung der Jugend seit Jahren entsprechend hoch. Wie man es mit Visionen, Kraft und Ausdauer dennoch schaffen kann, hat eindrucksvoll Familie Haider bewiesen. Das Waldviertel ist der ideale Standort für eine Whiskydestillerie – dachte sich 1995 Johann Haider, als er die Idee hatte, aus dem angebauten Brot-Weizen Hochprozentiges zu brauen.

Ein Visionär aus dem Waldviertel

„Anfangs wurde mein Vater von vielen Menschen belächelt“, erinnert sich Mag. Jasmin Haider, Tochter und Geschäftsführerin der heute so erfolgreichen Whiskydestillerie J. Haider. Doch der Landwirt ließ sich nicht entmutigen und arbeitete hart daran, seinen Traum zu verwirklichen. „Die ersten fünf Jahre waren Lehrjahre. Es dauerte ja ohnehin schon drei Jahre, bis der erste Whisky aus den Fässern genommen werden konnte“, erinnert sich Jasmin Haider. Ihr Vater experimentierte, bildete sich weiter, der Großvater – versiert in der Herstellung von Hausbränden – steuerte sein eigenes, altes Wissen bei. Der Innovationsmut und die Tüchtigkeit wurden belohnt. Nach einem kurzen Fernsehbericht über den „Whisky-Brenner“ aus Niederösterreich, war das Interesse bei vielen Liebhabern von Destillaten geweckt. Mehr als hundert Autobusse steuerten im ersten Jahr den Bauernhof an. Der Verkaufsraum, ein Teil des Kartoffelkellers, wurde rasch zu klein, die Nachfrage nach Haider-Whiskys immer größer. „Wir waren darauf nicht vorbereitet, denn wir hatten ja nur einen Ab-Hof-Verkauf neben der Landwirtschaft geplant“, so Jasmin Haider. Um dem Interesse und der Nachfrage gerecht zu werden, wurden die Räumlichkeiten weiter umgebaut. Doch kurz nach der Fertigstellung war klar: Auch diese Flächen sind deutlich zu klein. „Wir hatten in den ersten Jahren ein Wachstum von 30 Prozent“, erinnert sich die Geschäftsführerin. Was folgte war die stufenweise Erweiterung des Betriebs zur heutigen Destillerie: Eine Hochleistungsbrennerei wurde angeschafft, ein Verkaufsraum und Österreichs 1. Whiskykeller öffnete seine Pforten. Mit dem Ausbau zur Whisky-Erlebniswelt 2005 kam Familie Haider ihren Kunden entgegen, die vermehrt für Verkostungen anreisten und seither in professioneller Umgebung die edlen Tropfen mit allen Sinnen erfahren dürfen. Seit 2011 zählt die Whisky-Erlebniswelt zu den „Top-Ausflugszielen“ des Landes NÖ. Doch damit nicht genug: Die traditionelle Verbundenheit mit den Elementen, aus denen Whisky „geboren“ wird, inspirierte das Unternehmen zu einem 7.000 Quadratmeter großem Feuer-Wasser-Garten mit. Die Anlage umfasst eine Feuerarena, Wasserelemente, einen keltischen Lebensbaumkreis, einen „Kinder-Garten“ sowie ein Druidenspielplatz für die kleinen Besucher. Die 2009 fertiggestellten Getreidesilos und das Lager III bieten Platz für eine halbe Million Liter Whisky und beherbergen somit die Produktion der nächsten Jahre. 2012 wurde der Betrieb um eine Whisky-Lounge, die für Spezialverkostungen und Tastings genutzt wird,  sowie um einen Helikopterlandeplatz erweitert.

International ausgezeichnet

„Wir haben schon einige internationale Auszeichnungen für unsere Whiskys bekommen“, erzählt Jasmin Haider nicht ohne Stolz. Jüngst für den Roggen-Whisky, eine geschätzte Rarität unter Whiskytrinkern. Aufgrund der stetig steigenden Nachfrage machen Roggen- und Roggenmalzwhiskys in dem niederösterreichischen Familienbetrieb bereits 70 Prozent der Produktion aus. Besonders Whiskys aus 100 Prozent Roggenmalz sind stark gefragt,“ erklärt Jasmin Haider. Wie sie ihren Roggenwhisky am besten beschrieben würde? „Es ist ein Nischenprodukt auf dem Vormarsch, das traumhafte Aromen entwickelt, von Honig bis Nuss und Nougat, aber auch würzige Komponenten wie Kümmel oder Pfeffer. Für uns ist klar, dass dies auch unser zukünftiger Schwerpunkt bleiben wird.“ Zu den Favoriten der Junior-Chefin zählen die getorften Whiskys, die besonders intensiv schmecken: „Je komplexer, desto spannender sind sie zu genießen“, so Haider.

Zwei Frauen leiten den Betrieb

Eine besondere Ehrung erhielt Familie Haider diesen November: Ihr wurde der Tourismuspreis Niederösterreich 2015 im Rahmen eines feierlichen Festaktes von Landesrätin Dr. Petra Bohuslav übergeben. In seiner Laudatio brachte Finanz-Staatssekretär Dkfm. Dr. Günter Stummvoll das Erfolgsgeheimnis der Whisky-Produzenten auf den Punkt:  Mit Unternehmergeist schafften sie es, aus der Nutzung vorhandener regionaler Ressourcen ein weltweit gefragtes Produkt zu entwickeln. Für den Senior-Chef Johann Haider, der mit 1. Dezember offiziell in Pension gegangen ist und das Zepter an seine beiden Geschäftsführerinnen (Ehefrau Monika und Tochter Jasmin) übergeben hat, eine wunderbare Würdigung seiner eindrucksvollen Leistung.

Foto: Familie Haider

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