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Kategorie: News/Industrie & Energie
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Politik und Wirtschaft: Brigitte Ederer im Austrian Business Woman-Interview

Zuerst die Politik, dann die Wirtschaft, der Karrierebogen von Brigitte Ederer spannt sich über mehr als drei Jahrzehnte. Sie war unter anderem Staatssekretärin, Vorstandschefin von Siemens Österreich und Vorstandsmitglied der deutschen Konzernmutter: Alle Top-Funktionen aufzuzählen, die Brigitte Ederer innerhatte – die Liste wäre lang. Seit einigen Jahren steht die studierte Volkswirtin – neben zahlreichen Aufsichtsratsmandaten – an der Spitze der Interessenvertretung der Elektro- und Elektronikindustrie. Eine Aufgabe, die sie mit Leidenschaft und aus Überzeugung  wahrnimmt. Eine der bekanntesten Managerinnen Österreichs im Austrian Business Woman-Gespräch.

Was tut der FEEI eigentlich?

Der FEEI ist der Fachverband der österreichischen Elektro- und Elektronikindustrie und vertritt damit die Interessen von knapp 300 Unternehmen, die elektrotechnische Produkte herstellen bzw. Systemlösungen und Dienstleistungen anbieten. Volkswirtschaftlich betrachtet trägt dieser Industriezweig rund zwei Prozent zum BIP bei, und auch als Arbeitgeber spielt er eine große Rolle: rund 60.000 Beschäftigte sind in Österreich tätig. Die Elektro- und Elektronikindustrie zählt zu den Schlüsselbranchen, sie ist die Lebensader der Gesellschaft. Mit ihren Produkten revolutioniert sie seit mehr 100 Jahren unseren Alltag und bietet Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit: Energieeffizienz, Klimawandel, Urbanisierung, alternde Gesellschaft und zunehmende Mobilität. Die Kernthemen reichen von Umwelt- und Energietechnologien, Medizintechnik, Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), Verkehrstelematik, bis zur modernen Haushaltsführung und Unterhaltungselektronik.

Was sind Ihre Ziele?

Gemeinsam mit 26 Netzwerkpartnern, unter anderem der Fachhochschule Technikum Wien, dem Forum Mobilkommunikation (FMK) oder dem Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT), verfolgt der FEEI das Ziel, die Unternehmen der Branche im weltweiten Standortwettbewerb zu stärken, indem er die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für mehr Innovation, Produktivität und Wachstum mitgestaltet.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen für die Branche?

Generell sind es die Fragen der Wettbewerbsfähigkeit für produzierende Betriebe: angefangen von Bildungsfragen insbesondere in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern, über zu hohe Lohnnebenkosten, eine überdimensionierte Verwaltung auf zu vielen Ebenen, und generell eine zu wenig mutige Industriepolitik auch auf europäischer Ebene.

Sie sind inzwischen seit fünf Jahren Obfrau des FEEI – was hat sich in dieser Zeit getan, worauf sind Sie besonders stolz?

Ich bin stolz, einem Fachverband vorzustehen, dem die eigenen Mitglieder eine hohe Wertschätzung entgegenbringen. Unter anderem lässt sich das daraus schließen, dass die Beiträge aus Pflichtmitgliedschaften nur ein Drittel des Budgets ausmachen. Mittlerweile stammen über 60 Prozent des Gesamtbudgets aus freiwilligen Leistungen. Qualität und Dienstleistung im Fachverband stimmen also aus Sicht der Mitglieder. Worauf ich in meiner Funktionsperiode sehr stolz bin, ist die so genannte „Freizeitoption“. Hier habe ich gemeinsam mit Lothar Roitner, dem langjährigen Geschäftsführer des FEEI, wirklich Pionierarbeit geleistet und diese Option sozusagen erfunden. Mit der Freizeitoption konnte der FEEI als Sozialpartner den Gewerkschaften eine attraktive Möglichkeit zur Lohngestaltung bieten, die es bisher noch nicht gab. Ursprünglich haben wir die Freizeitoption für ältere Arbeitnehmer vorgesehen, damit diese die kollektivvertraglichen Gehaltserhöhungen in Freizeit umwandeln können. Tatsächlich nehmen sie aber die jüngeren Arbeitnehmer in Anspruch, die zuhause kleine Kinder haben und mehr Zeit bei der Familie verbringen möchten. Anfangs war das eine Überraschung, aber im Nachhinein natürlich völlig einleuchtend. Mit der Freizeitoption haben wir einen Trend vorweggenommen und uns extrem früh auf das wachsende Bedürfnis der Menschen nach mehr Flexibilität in Beruf und Freizeit vorbereitet. Ein wenig stolz bin ich auch, dass ich in seiner knapp 100-jährigen Geschichte die erste Frau an der Spitze des Fachverbandes bin.

 Was reizt sie an dieser Aufgabe?

Die Elektro- und Elektronikindustrie ist die innovativste Branche in Österreich, die Lösungen für unsere Zukunft entwickelt. Für unsere Unternehmen die Rahmenbedingungen mitzugestalten, um innovativ und erfolgreich sein zu können, ist eine sehr reizvolle Aufgabe und ich kann in meiner Funktion als FEEI-Präsidentin hier einen kleinen, hoffentlich wertvollen Beitrag zur Industriepolitik leisten. Immerhin geht es darum, 60.000 Arbeitsplätze in Österreich zu halten! Auch sind es die Zukunftsthemen, die ich vorantreiben möchte, wie aktuell der breite Schulterschluss - vom BMVIT über die Industrie bis zu Arbeitnehmervertretern – in Form der neu gegründeten Technologieplattform Industrie 4.0. Die Gründung der Plattform war mir sehr wichtig und ich habe viel Energie investiert.

Sie haben sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft eine Top-Karriere gemacht - Welchen (beruflichen) Rat geben Sie Frauen, die ebenso erfolgreich sein wollen?

Man kann seine Karriere nicht planen, aber es gibt einige Punkte, die ich für förderlich halte. Zum einen mehr Offenheit und Lockerheit, um nicht verbissen einer bestimmten Position nach zu hetzen. Dadurch verliert man leicht den Blick auf andere, attraktivere Optionen. Zum anderen muss man etwas wirklich verändern wollen. Daher sehe ich auch den Begriff der „Macht“ nicht kritisch, solange sie nicht missbräuchlich eingesetzt wird. Aber Macht in gewissen Positionen gibt mir die Möglichkeit, die Dinge so zu gestalten, wie ich sie für richtig halte. Frauen sind im Gegensatz zu Männern im Umgang mit Macht zurückhaltender und verstehen sie eher negativ. Es schadet auch nicht, ab und zu hart im Nehmen und zeitlich flexibel zu sein. Das Quantum Glück, in der richtigen Situation zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Personen in Kontakt zu kommen, spielt natürlich auch eine Rolle.

Foto: Archiv