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ABW-Karriertipp von Gertrude Schatzdorfer, Schatzdorfer Gerätebau: "Man muss in Visionen denken"
Gertrude Schatzdorfer war ursprünglich Kindergärtnerin. 1998 übernahm sie quasi über Nacht den elterlichen Betrieb in Zipf, einen Metallverarbeiter, führt ihn seitdem höchst erfolgreich und ist vielfach ausgezeichnet. Schatzdorfer über Karriere, die Work-Live Balance, warum sie nichts von ewig langen Meetings hält, wie sie Frauen auch im eigenen Unternehmen fördert und warum sie ihre Entscheidung fürs Unternehmen nie bereut hat – was auch einen sehr erfreulichen privaten Grund hat.
Wie läuft es für ihr Unternehmen?
Diese Frage beantworte ich Ihnen aktuell sehr gerne. Wir bilanzieren mit Ende März und konnten in diesem Wirtschaftsjahr das drittbeste Ergebnis in der Firmengeschichte einfahren – Schatzdorfer gibt es seit 1958. Das bestätigt, dass die Entscheidungen und Maßnahmen der letzten Jahre (inkl. der Krisenjahre) richtig und gut waren. Erfolg und Verlust haben ja immer Vorlaufzeiten. Ich bin sehr stolz auf mein Team!
Sie werden immer wieder ausgezeichnet – ihr Erfolgsrezept?
Jede Auszeichnung freut dich natürlich, weil sie deine Arbeit und Anstrengungen sichtbar macht und eine Bestätigung dafür ist, dass die erreichten Ergebnisse herzeigbar sind. Trotzdem darf man das nicht überbewerten - viele andere würde das auch verdienen. Man muss wohl zur richtigen Zeit am richtigen Platz sein?! Frauen, die technische Betriebe leiten gibt es halt noch immer nicht so viele. Es geht immer ein Stück weit darum, dass man für eine Sache brennt, seine Meinung klar sagt und auch dazu steht. „Nicht an den Worten, sondern an den Taten werden wir gemessen“ – dieser Spruch hängt bei mir im Büro.
Was macht einen erfolgreichen Unternehmer/eine erfolgreiche Unternehmerin aus?
Begeisterung für das, was man/frau tut! Das gilt nicht nur für Unternehmer/Unternehmerinnen. Man muss große Ziele haben, in Visionen denken und sich selber täglich darum kümmern, dass man genug Kraft und Freude dafür hat. Grenzen erweitern, aber nicht permanent überschreiten, Verantwortung leben, aber nicht auf sich selber vergessen, Vertrauen schenken, aber das Gespür für Kontrolle nicht verlieren und sich der Freiheit bewusst sein, dass man sein Leben – inkl. Arbeit - selber in der Hand hat.
Sie sind so etwas wie eine Vorreiterin bei der Förderung von Frauen in der Technik?
Ich würde nicht sagen eine Vorreiterin, wir bei Schatzdorfer gehören halt zu jenen, die von Anfang an den Worten Taten folgen ließen. D.h. wir haben gesagt, dass wir an das Potential der Frauen und Mädchen glauben und sie aufnehmen und haben das auch tatsächlich getan. Ich höre immer noch von Mädchen, die sich für eine Technische Lehr bewerben, dass viele Unternehmen noch immer Buben den Vorzug geben. Frauen im Team zu haben ist ein klarer und belegbarer Wettbewerbsvorteil und ein Teil unseres Erfolges!
Warum ist ihnen das wichtig?
Weil ich aus meiner eigenen Lebensgeschichte weiß, wie sich Frauen fühlen, wenn man(n) ihnen wenig zutraut. In unserer Homepage steht einer meiner Glaubenssätze: „In der Unterschiedlichkeit der Perspektiven liegt die Chance zur Weiterentwicklung, im wertschätzendem Umgang miteinander der Erfolg“. Wer das erkannt hat, ist befähigt gleichwertig zu denken und Gleichberechtigung zu leben.
Welche Initiativen setzen sie in ihrem eigenen Unternehmen?
Wir pflegen und leben eine offene und wertschätzende Firmenkultur und achten darauf, dass unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stärkenadäquat ihre Fähigkeiten einbringen können. Seit über 10 Jahren beteiligen wir uns aktiv an Förderprojekten für Frauen und Mädchen in der Technik. (Girl´s Day, Power Girls, …) Wir nehmen jedes Jahr 3-4 Lehrlinge auf und achten darauf, dass mindestens ein Mädchen dabei ist. Diese Maßnahmen haben dazu geführt, dass wir in jeder Abteilung Mitarbeiterinnen beschäftigen und daher Aufträge nur mit Frauen abarbeiten könnten. (programmieren, laserschneiden, abkanten, schweißen, kommissionieren, verrechnen, …)
Was haben sie bisher geschafft?
In Bezug auf die Frauenförderung haben es wir bei Schatzdorfer mittlerweile auf eine Frauenquote von 24% geschafft. Beruflich darf ich mich über ein überaus loyales Team freuen, mit dem man wirklich erfolgreich arbeiten kann. Und wenn sie mich fragen, was ich persönlich besonders gut hingebracht habe, dann muss ich sagen, dass meine beiden Töchter schon verdammt gut gelungen sind. Es ist einfach schön, wenn man Kinder befähigen kann glücklich zu leben.
Was wollen sie noch erreichen?
Für dieses Jahr sind wieder Investitionen in neue Maschinen fix und mittelfristig wird es wieder bauliche Veränderungen geben, die uns künftig noch effizienter ferrtigen lassen. Mein erklärtes Ziel ist zu den besten 10 Zulieferfirmen der Österreichischen Metallindustrie zu gehören.
Eine Frau in der Metallbranche ist ein bunter Hund“ – stimmt das noch oder hat sich das in der Zwischenzeit schon geändert?
Ich würde sagen die Richtung stimmt, aber die Veränderung ist überschaubar. D.h. du fällst als Frau bei Fachveranstaltungen nach wie vor auf, aber sie haben sich an dich gewöhnt. Was sich aber spürbar positiv verändert hat, ist die Akzeptanz der Frauen. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass wir uns selber wichtiger nehmen?
Hat eine Unternehmerin Freizeit?
Wenn sie ihr Unternehmen und sich selber wichtig nimmt, dann ganz bestimmt. Es ist natürlich auch immer eine Frage, was ist Beruf und was ist Freizeit. Da gibt es schon schwimmende Übergänge, wenn man unternehmerisch tätig ist. Grundsätzlich halte ich nicht viel von stundenlagen Meetings und Besprechungen am späten Nachmittag. Es geht nicht um die Quantität an Arbeitsstunden, sondern um effiziente und kreative Ergebnisse. Ausgleich schaffen durch Familie, Freunde und Sport gehören für mich zum Alltag und sind in meinem Terminkalender fix eingetragen.
Wenn sie zurückblicken: haben sie es jemals bereut, das Unternehmen quasi über Nacht übernommen zu haben? Würden sie heute irgendetwas anders machen?
Ja, es gab Augenblicke, die verdammt schwer waren und mich an meiner damaligen Entscheidung zweifeln ließen. Aber eben nur Augenblick! Ich habe durch diesen Umstand viel lernen dürfen/müssen und tolle Erfahrungen gemacht. Ich bekam Chancen und Möglichkeiten, die mir als Kindergärtnerin nie offen gestanden wären. Und das Beste was mir je passiert ist, habe ich letztendlich auch der Firma zu verdanken – ich habe im beruflichen Umfeld meinen Lebensmenschen gefunden. Ob ich irgendetwas anders machen würde? Es gab zwei Situationen da habe ich meinen Kopf entscheiden lassen und nicht meinen Bauch – das würde ich ändern. Sonst nichts!
Foto: Schatzdorfer Gerätebau