Karriereportraits Banken
Dr. Susanne Höllinger, Vorstands-vorsitzende Kathrein Bank: "Luxus ist, Ideen in die Realität umsetzen zu können"
Dr. Susanne Höllinger im ABW-Gespräch über Vermögenserhalt, die Vereinbarkeit von Job und Familie und die Freude an der täglichen Arbeit.
Was hat Sie im Vorjahr besonders gefreut?
Sicherlich die erneute Erkenntnis, dass wir in einem extrem schwierigen Branchenumfeld mit sehr kundenorientiertem Arbeiten und Mitarbeitern mit höchstem Know-how gut über die Runden kommen können. Das macht mich sehr zufrieden für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter. In nackten Zahlen haben es unsere Angebote durchwegs geschafft, den Vermögenserhalt mehr als zu erreichen.
Worauf hätten Sie verzichten können?
Den überraschenden Ausgang des Referendums „BREXIT“ und dessen noch nicht abschätzbare Folgen. Wir haben allerdings die kurzfristigen Marktverwerfungen für unsere Kunden genutzt, um im Aktienbereich eine Reallokation (in diesem Fall eine Aufstockung) der Aktienquote durchzuführen. Die anhaltenden Niedrig (Negativ) -Zinspolitik in Europa und deren asymmetrische Auswirkung auf die Zinsmargen der Banken; und die offensichtlichen strukturellen Schwierigkeiten der EU bei der Bewältigung großer Herausforderungen.
Welche Erwartungen haben Sie für 2017?
Ein Jahr mit vielen Herausforderungen für die österreichische Regierung und die österreichischen Unternehmen und hoffentlich die Einsicht, dass Dinge angegangen und erledigt werden müssen. Es ist keine Zeit für weiteres Verschieben notwendiger Maßnahmen. Dazu zählen die Steuer- und Wirtschaftspolitik aber auch eine klare Linie in der Sozialpolitik. Weltwirtschaftlich erwarten wir für 2017 Zinserhöhungen in den USA und in Europa ein weiter anhaltendes Niedrigzinsumfeld; die Aktienmärkte werden weiterhin volatil bleiben doch die beste Alternative im aktuellen Umfeld sein; Rohstoffe werden an Bedeutung gewinnen. Gold Safe Heaven bleiben.
Welche Zielsetzungen verfolgt die Kathrein Bank in wirtschaftlich nicht unbedingt einfachen Zeiten?
Im Jahr 2014 vom Fachmagazin Euromoney in 7 Kategorien ausgezeichnet – darunter für „Best Private Banking Services Overall“ – bietet wir maßgeschneiderte Veranlagungen unter dem Motto „Vermögen sorgsam vermehren“. Hier liegt auch der wesentliche Unterschied zu den anderen Privatbanken. Die Kathrein Privatbank hat sich in besonderem Maße auf die Bedürfnisse von Unternehmern, Unternehmerfamilien und Privatstiftungen spezialisiert. Unser Leistungsspektrum umfasst alle für diese Klientel wichtigen Dienstleistungen: Dazu zählen die Beratung bei Gründung und Führung einer Stiftung, bei Nachfolgeregelungen, Vererbung, Schenkung sowie bei Unternehmenskäufen und -verkäufen. Im Tagesgeschäft kümmern wir uns in der Vermögensberatung um die sorgsame Vermehrung unserer Kundengelder.
„Die Vermögenden“ zur Kasse bitten – was entgegnen Sie dieser populistischen Forderung?
Für eine Volkswirtschaft sind zwei Dinge enorm wichtig: eine konsumfreudige und breite Mittelschicht und ein attraktives Umfeld für Investoren und Vermögende, damit Kapital im Land bleibt und investiert wird und nicht ins Ausland abfließt. Beide Ziele müssen ständig im Auge behalten werden. Die Themenbereiche kalte Progression zur Schwächung der Mittelschicht, Steuersätze im Spitzenfeld Europas, und die benachteiligte Besteuerung von Eigenkapital (27,5 % für Dividendenerträge statt 25 % auf Sparerträge) sind keine idealen Voraussetzungen für die genannten Ziele. Zum Glück hat unser Land eine hervorragende soziale, ökologische und wirtschaftliche Grundlage, die etwas abfedert und Österreich noch immer extrem lebenswert macht. Aber Vermögen ist meist leicht transferierbar und eine „Bestrafung“ Vermögender wird sich in Kapitalabwanderung auswirken. Das heißt nicht, dass Vermögende nicht einen überproportionalen Beitrag zum Gelingen einer gut florierenden Volkswirtschaft beitragen sollen, aber die Bedingungen müssen konkurrenzfähig zu anderen Investitionsmöglichkeiten für Vermögende sein.
Die Besteuerung von Privatstiftungen ist (wie die sogenannte „Reichensteuer“) ein immer wiederkehrendes Thema auch in der Finanzpolitik. Wie wirkt sich dieser Populismus auf den Stiftungsstandort Österreich aus?
Stiftungen wurden bei Schaffung des Gesetzes im Jahre 1993 mit günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen ausgestattet, von denen schon rund 20 Jahre später praktisch nichts mehr zu sehen ist. Im Gegenteil, unter Berücksichtigung der Stiftungseingangssteuer ist die Belastung sogar höher als jene von Kapitalgesellschaften. Gerade aufgrund der Langfristigkeit von Stiftungsvorhaben wirkt sich eine so rasche negative Veränderung dieser Rahmenbedingungen schon sehr auf die Glaubwürdigkeit des gesamten Stiftungswesens aus. Viele bestehende Stiftungen, vor allem aber auch potentielle Stifter sind derzeit aber nicht nur aus diesem Grund, sondern auch aufgrund einiger grundlegender offener Fragen zivilrechtlicher Natur sehr verunsichert. Die Judikatur des OGH lässt z.B. aktuell nur einen deutlich beschränkten Einfluss einer Stifterfamilie auf eine von ihr gegründete Stiftung zu. Wenn man in Betracht zieht, dass benachbarte Stiftungsstandorte, etwa Liechtenstein, eben jetzt sehr intensiv und mit einem durchaus attraktiven Umfeld um die Gunst von österreichischem Vermögen werben, dann stellt sich schon die Frage, ob Österreich hier nicht sehr schnell handeln muss, um verlorengegangene Glaubwürdigkeit wieder zurückzugewinnen.
Als Top-Managerin und Mutter – wie wichtig sind für Sie gute Planung und Disziplin?
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine Schlüsselkompetenz von Frauen und Männern und hat wechselseitige Auswirkungen. Wenn man eine Familie mit Kindern, Haustieren, Eltern und Großeltern managt, kann man auch Probleme im Beruf leichter lösen. Top Organisation und Disziplin sind gefragt und natürlich eine gute Arbeitsaufteilung innerhalb der Familie. Viele Schwierigkeiten lassen sich mit etwas Humor auch leichter lösen. Ob man das Gesamtpaket aber als negativ stressig oder positiv anregend empfindet, liegt sicher daran, ob man Freude an der Aufgabe hat, wie gut man im Strukturieren seines Alltages ist und wie achtsam man mit seinen persönlichen Ressourcen umgeht.
Warum gibt es an der Spitze von Banken noch immer so wenige Frauen?
Prinzipiell sollte nur die fachliche Qualifikation zählen. Gerade Spitzenjobs verlangen aber auch sehr viel persönlichen Einsatz und die Notwendigkeit sich selbst stark einzubringen. Männer sind oft präsenter in der aktuellen Jobrolle und bieten sich auch selbst für den nächsten Job auf der Karriereleiter an. Frauen zögern leider immer noch zu lange, bis sie zugreifen und hinterfragen x-mal mehr, ob sie denn tatsächlich geeignet sind. Im laufenden Geschäft macht der Geschlechterunterschied in meinen Augen keinen Unterschied. Jeder wird gleich viel gefordert und so soll es auch sein. Mixed Teams sind jedoch nachweislicher effizienter und glücklicher. Im Spitzenmanagement ist Mut, Kampfgeist und große Belastung natürlich ein Thema und niemand sagt, dass ein Top-Job immer Honiglecken ist. Hier stehen die vielen sonstigen Aufgaben, die meist noch immer in der Mehrheit von Frauen übernommen werden, oft im Wege. Kinder, Eltern, Haushalt, Familienorganisation etc. werden neben dem Erwerbsjob zum Wohle aller erledigt. Männer spielen sich da oft frei. Wäre diese Arbeit besser verteilt, stünden hier die Chancen 1:1.
Bitte vervollständigen Sie die nachfolgenden Sätze:
Mein Tag beginnt mit…
...leider normalerweise mit verkehrsreicher Anfahrt vom Süden nach Wien. Dabei lassen sich sehr gut Telefonate gleich am Morgen erledigen. Ab dann übernimmt mein Kalender das Kommando. Eine bunte Mischung aus Kundenterminen, Geschäftspartnertreffen, Jour Fixes mit Mitarbeitern, Entscheidungsgremien wie Kredit- und Neukunden-Komitee, Sales Meetings etc. sowie Vorstandssitzungen. Dazwischen Arbeitsblöcke für die operativen und strategischen Themen. Mittagessen ist Pflicht. Meistens mit Kunden oder Geschäftspartner, manchmal auch nur ein Spaziergang im Viertel rund um die Bank zum Kopfauslüften. Pro Woche kommen noch im Durchschnitt drei Abendveranstaltungen dazu. Mehr sollten es aber nicht sein – und dann ab nach Hause. Meinen sportlichen Ausgleich schaffe ich mit zwei Sporteinheiten in der Früh vor dem Arbeitsbeginn. Meinen mentalen Ausgleich durch das Gefühl der Freiheit trotz großem Arbeitspensum viel gestalten zu können.
Wäre ich keine Bank-Managerin, dann...
...würde ich im Bereich Medizin oder ökologische Nahrungsmittel tätig sein. Ich hätte immer gerne Medizin studiert und der Zugang von ökologisch gesunden Nahrungsmitteln für alle ist mir ein großes Anliegen. Wäre ich keine Bankmanagerin, würde ich demnach wohl ein Krankenhaus leiten oder einen Biobetrieb für landwirtschaftliche Produkte haben.
Von der Finanzpolitik erwarte ich mir...
...die optimalen Rahmenbedingungen für ein wirtschaftlich erfolgreiches Leben der Unternehmer und Arbeitnehmer in Europa zu schaffen.
Wahrer Luxus bedeutet für mich...
Zeit mit meiner Familie zu verbringen und meine Ideen in die Realität umsetzen zu können.
Hätte ich nicht mehr als 100 Euro, dann würde ich…
auf den Markt einkaufen gehen und ein großes Essen für meine Familie und Freunde kochen.
Foto: Kathrein Bank