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Mag. Gabriele Graumann, Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser, im ABW-Talk
Mag. Gabriele Graumann leitet als Geschäftsführerin des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser mit viel Fingerspitzengefühl und unternehmerischer Weitsicht einen der wichtigsten Sozialfonds der Stadt Wien. Das „KWP“ betreut mit rund 4.400 MitarbeiterInnen 30 Häuser zum Lebenund 150 Pensionistenklubs der Stadt. Mit 9.000 BewohnerInnen sowie mit zehntausenden KlubbesucherInnen ist das „KWP“ österreichweit der größte Anbieter von SeniorInnen-Wohnen und Pensionisten–Betreuung. ABW traf sie zum Interview.
Sie managen seit über 10 Jahren höchst erfolgreich das Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser mit seinen 30 Häusern zum Leben und seinen 150 Pensionistenklubs der Stadt Wien. Das KWP ist somit der größte Anbieter für SeniorInnen-Wohnen und SeniorInnen-Betreuung in Wien. Was ist das Besondere an der Tätigkeit des KWP?
Das Besondere am KWP ist, dass wir jeden Tag zehntausende Menschen betreuen, versorgen und pflegen – sowohl in 150 Klubs als auch in 30 Häusern. Die MitarbeiterInnen haben eine ganze Bandbreite an Menschen, die sie hier umsorgen: von sterbenden Menschen, die hier ihre letzten Tage, letzten Stunden bei uns verbringen bis hin zu lebenslustigen SeniorInnen, die beim SeniorInnen-Speed-Dating die neue Liebe finden wollen. Diese Bandbreite ist die Besonderheit, die meine MitarbeiterInnen jeden Tag leisten. Die wirtschaftliche und operative Leitung von Pensionisten-Wohnhäusern und die Sicherstellung der Qualität des Leistungsangebots und der interdisziplinären Zusammenarbeit sind eine spannende und wichtige Aufgabe, die einen fordert und auch Spaß macht. Meine MitarbeiterInnen sprechen oft von einem Beruf mit persönlichem Mehrwert – dem kann ich nur beipflichten.
Was tut sich gerade so im KWP?
Zu den Highlights zählt für mich das Wohnen für Studierende, das wir im vergangenen Jahr ausgebaut haben. Es wohnen inzwischen Dutzende StudentInnen bei uns in den Häusern und bereichern das Leben unserer SeniorInnen. Darüber hinaus haben wir das Haus Penzing fertig saniert, das erste Hochhaus für SeniorInnen in Wien. Wir haben uns mit digitalen Innovationen beschäftigt, zum Beispiel mit Robotik. Wir haben eine Forschungswohnung eingerichtet, in der Menschen ausprobieren können, mit neuen Technologien zu leben, zum Beispiel mit digitaler Vitalkontrolle. Wir haben darüber hinaus ganz viele neue Leistungen entwickelt.
Die Zufriedenheit der BewohnerInnen und auch der An- und Zughörigen ist medial ein Dauerbrenner. Welche Maßnahmen setzen Sie hier?
„KundInnenzufriedenheit“ ist bei uns nicht nur ein Schlagwort, sondern eigentlich die Kernaufgabe. Wenn wir davon sprechen, die Zufriedenheit der BewohnerInnen und der An- und Zugehörigen zu steigern, dann reden wir davon, dass wir auf der einen Seite unsere MitarbeiterInnen befähigen müssen, dass sie tagtäglich die Belastungen dieses Berufes gut tragen, gut verarbeiten und gut abarbeiten können. Auf der anderen Seite arbeiten wir daran, dass alle Betroffenen gut darüber Bescheid wissen, was wir leisten und was wir nicht leisten können. KundInnenzufriedenheit wird bei uns jeden Tag in der persönlichen Beziehung, in der persönlichen Interaktion zwischen MitarbeiterInnen/BewohnerInnen, MitarbeiterInnen/KlubbesucherInnen, MitarbeiterInnen / An- und Zugehörige gelebt. Sie ist sozusagen das Maß aller Dinge.
Das KWP ist ein Sozialfonds der Stadt Wien. Wie eigenständig und flexibel ist man als Geschäftsführerin da?
In den letzten zehn Jahren ist uns eine strategische Neuausrichtung beziehungsweise eine Transformation des KWP gelungen. Wichtige Meilensteine sind etwa die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Entwicklung smarter und KundInnen-orientierter Gastronomie sowie die Etablierung einer innovativen Personalentwicklung und eines hocheffizienten Kostenmanagements. Von der Investition in neue Infrastruktur, Technik und Modernisierungen von Pensionisten-Wohnhäusern und von unseren Pensionistenklubs profitieren unsere BewohnerInnen und BesucherInnen gleichermaßen wie unsere MitarbeiterInnen.
Besonders freut es uns, dass unsere Bemühungen nicht unbemerkt geblieben sind. Mehrfache Auszeichnungen wie der Betriebliche Sozialpreis, der Betriebliche Gesundheitspreis, Staatspreis Sonderpreis Knewledge_beyond limits sowie Qualitätsiegel wie das Österreichischen Umweltzeichen, die Sozial-Marie und Top-Lehrbetrieb der Stadt Wien sowie diverse – auch internationale – Preise für unsere Frischküchen freuen meine MitarbeiterInnen und mich und machen uns zu einem attraktiven Arbeitgeber!
Warum findet man so schwer Personal in diesem Berufsfeld?
Das hängt auch mit den Ansprüchen der Gesellschaft an Pflege und Betreuung zusammen. Die sind sehr unterschiedlich und werden auf jeden Fall nicht weniger. Der Druck auf MitarbeiterInnen steigt. Das hat auch Auswirkungen darauf, ob man gerne in diesem Beruf arbeitet oder nicht. In einer Gesellschaft, die nicht gerne alt wird, die Altwerden und Krankwerden gerne wegschiebt, ist der Beruf der Altenpflege nicht besonders anerkannt. Unsere Herausforderung liegt darin, Menschen zu suchen, zu finden und zu halten, die gerne bei uns arbeiten. Früher haben die Menschen einen Beruf gelernt, sind in diesem Beruf geblieben und auch in Pension gegangen. Diese Zeiten sind lange vorbei. Menschen arbeiten ein paar Jahre bei uns und gehen wieder. Das ist eine ganz große Herausforderung in einem Bereich, in dem es um Kontinuität geht. Unsere BewohnerInnen und KlubbesucherInnen bauen eine Beziehung zu einem Menschen auf. Und diese Beziehungen sollen möglichst stabil über Jahre andauern – nicht nur zwei, drei Jahre lang, sondern länger.
Wie verändert sich das Berufsbild in der Pflege in den kommenden Jahren?
Die Herausforderungen sind vielfältig. Wir haben digitale Entwicklungen, deren Auswirkungen auf die verschiedenen Berufsbilder heute noch gar nicht absehbar sein können. Die Hilfsmittelberatung zum Beispiel wird in ein paar Jahren ganz anders aussehen als heute, das wird sich vermutlich mehr an der Schnittstelle zur Medizin abspielen – oder vielleicht auch nicht. Die Vorbereitungen auf diese Entwicklungen werden aus meiner Sicht vernachlässigt. Ein Unternehmen allein kann dieses Thema nicht bearbeiten.
Wenn Sie Ihre unternehmerische Vision als Geschäftsführerin des Kuratorium Wiener Pensionisten-Wohnhäuser mit seinen 30 Häusern zum Leben und seinen 150 Pensionistenklubs der Stadt Wien auf einen Satz bringen müssten, wie würde dieser lauten?
Unsere Vision ist das Ermöglichen von selbstbestimmten Lebensräumen für unsere BewohnerInnen und BesucherInnen sowie die Schaffung von selbstbestimmen Arbeitswelten für Menschen in Wien.
Foto: Wilke