Wie geht es mit den Medien weiter?
Mag. Thomas Kralinger
Präsident des Verbandes Österreichischer Zeitungen
Kurier-Geschäftsführer
„Schwer finanzierbarer Qualitätsjournalismus“
In den USA erscheint in New Orleans, Detroit und Birmingham keine gedruckte Tageszeitung mehr. Die deutsche Medienbranche wurde durch die Pleiten der „Frankfurter Rundschau“ und der „Financial Times Deutschland“ erschüttert. Und auch hierzulande haben sich zahlreiche Untergangspropheten aufgeschwungen, um das Ende der gedruckten Tageszeitungen zu verkünden. Einschätzungen, die durch Fakten widerlegt werden: Österreich gehört mit einer Tageszeitungsreichweite von 72 Prozent zu den Top-Fünf-Zeitungsnationen Europas. Zum Vergleich: In den USA erreichen Tageszeitungen weniger als 40 Prozent der Bevölkerung. Unsere Produkte werden vom Leser weiterhin angenommen, jedoch bröckelt das wirtschaftliche Fundament. Mit der Wirtschaftskrise sind die Werbeeinnahmen aller Mediengattungeneingebrochen. Laut einer VÖZ-Umsatzerhebung ist der Anzeigenumsatz unserer Mitgliedsmedien zwischen 2008 und 2009 um fast 13 Prozent zurückgegangen. Bislang konnten die Werbeerlöse noch nicht das Vorkrisenniveau erreichen. Gleichzeitig wird der Wettbewerb um den heimischen Werbekuchen immer härter. Der ORF möchte durch die Vermarktung der TV-Thek zusätzliche Werbegelder für sich beanspruchen und Google erwirtschaftet jährlich alleine in Österreich geschätzte 140 Millionen Euro mit Online-Werbung. Während sich die Umsätze von Tageszeitungen vormals zu zwei Dritteln aus Anzeigen- und einem Drittel aus Vertriebserlösen zusammensetzten, haben wir nun eine 50:50-Aufteilung zwischen den beiden Einnahmenblöcken. Am stark verzerrten heimischen Medienmarkt wird es zunehmend schwerer, Qualitätsjournalismus zu finanzieren. Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage, die Reform und Aufstockung der Presseförderung, eine Mehrwertsteuerreduktion auf Online-Zeitungsausgaben können helfen, Qualitätsjournalisten in Zukunft zu finanzieren. Denn Zeitungen und Magazine für die Demokratie unverzichtbar. Das haben wir im vergangenen Herbst mit dem ersten VÖZ-Public Value Bericht dargelegt und das zeigen auch internationale Studien: In US-amerikanischen Städten, in denen keine Zeitung mehr erscheint, sinkt die Wahlbeteiligung und Menschen sind weniger bereit öffentliche Ämter zu bekleiden, ermittelte das „Pew Research Center“ bereits
2009. Zeitungen und Magazine bietet mit ihren Hintergrundgeschichten, Analysen und Kommentaren die notwendigen Informationen, um als erfolgreiche ‚Business Woman’ die richtigen Schlüssel für das berufliche und wirtschaftliche Weiterkommen zu ziehen. Weiter sind die Kaufzeitungen und -magazine auch erfolgreiche Werbeträger. Unsere Leser nehmen die Inhalte (und auch die Werbebotschaften) deutlich interessierter und aufmerksamer wahr, als jene der Gratis-Konkurrenz.
Prof. Harald Knabl
Verlagsleitung & Chefredakteur Niederösterreichische Nachrichten
„Genussmittel“ Print hat Zukunft
Wir haben ein klar definiertes räumliches Konzept und betrachten uns auch im Bereich Online als die Experten für Niederösterreich. Wir haben auf der anderen Seite die zusätzliche Schwierigkeit, dass wir als Wochenzeitung unsere Nachrichten eben nur einmal in der Woche verkaufen können, gleichzeitig wissen wir, dass gerade in Niederösterreich der Online-Markt noch nicht so durchdrungen ist. Und gingen wir „auf Teufel komm’ raus“ ins Netz, würden wir auch jene „füttern“, die so billig an Nachrichten aus Niederösterreich gelangen, um sie an ihre eigene Leserschaft weiterzugeben. Aufgrund unserer speziellen Situation muss der Auftritt der NÖN als Online-Medium sorgfältig durchdacht werden und wir arbeiten intensivst am Cross-medialen Gesamtkonzept. Hier werden wir unseren eigenen Weg gehen.
Grundsätzlich geht es um Geschäftsmodelle, mit denen die Branche zusätzlich zum Printbereich auch Online Geld verdienen kann. Wobei ich – trotz des jahrelangen Abgesangs – davon überzeugt bin, dass das gedruckte Medium als „Genussmittel“ noch eine lange Zukunft hat. Und nach Jahren der Gratis-Kultur und des nahezu fahrlässigen Verschenkens unseres Handelsguts, der nachrichten, scheint sich die Branche zu besinnen, dass wir, um gute nachrichten bieten zu können, die Kolleginnen und Kollegen auch entsprechend bezahlen müssen.
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