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Dr. Barbara Helige, Vereinigung österreichischer Richter


Erste Präsidentin der Vereinigung österreichischer Richter
„Nur über meine Leiche wird eine Frau Notar“…

Diese Antwort bekam der Vater von Barbara Helige, als er den damaligen Präsidenten der Notariatskammer nach den beruflichen Chancen seiner Tochter befragte. Diese Tochter wollte unbedingt Jus studieren und Notarin werden. Barbara Helige ließ sich von der angekündigten Chancenlosigkeit nicht abschrecken und begann das Jusstudium.

Als Präsidentin heißt es nach neun Jahren Abschied
zu nehmen, wie geht es Ihnen dabei?
Ich blicke auf eine lange Zeit der Standesvertretung zurück, es war eine sehr schöne Zeit und ich konnte doch das eine oder andere umsetzen. Es ist sicher auch gut, wenn neue Menschen nachkommen, es ändert sich die Zeit und damit sollen sich auch die Menschen ändern.
Worauf sind Sie in ihrer Ära besonders stolz?
Ein wesentlicher Schritt war die Personalsenatsreform, das ist eine Dienstrechtsreform gewesen, die die Unabhängigkeit und Selbstverwaltung der Richter/innen sehr gestärkt hat. Eine Demokratisierung in diesem Bereich und ein wirklicher Quantensprung. Des weiteren haben wir unser Gehaltsrecht reformiert und wir können hier wirklich ein sehr modernes System vorweisen. Wesentlich war auch: Anlässlich unserer 100-Jahr-Feier der Richtervereinigung wurde eine sehr offene Diskussion über unsere Vergangenheit und Zukunft geführt.
Unabhängigkeit, ein ganz wesentlicher Punkt, für den Sie sich immer besonders einsetzten?
Ja, in die Gerichtsbarkeit darf nicht hineinregiert werden. Unsere Aufgabe ist es, uns ständig zu Wort zu melden, egal welche Parteien an der Macht sind. Man darf nicht vergessen, auch die Justizministerin ist Regierungsmitglied.
Sie haben eine tolle Karriere gemacht, waren Vorreiterin in vielen Bereichen.
Ich habe gelernt, dass es stark davon abhängt in welcher Position „frau“ auftritt. Als Richterin hat man schon durch die Funktion eine wichtige Stellung, hier war „Frau sein“ nie ein Thema. In der Interessensvertretung, wo es darum geht, in der Diskussion, in der Argumentation stark zu sein, da war es ungleich schwerer. Es ist weniger die Frage ob Frau oder Mann, es ist eine Machtfrage – vieles war immer in Männerhänden und viele wollen, dass es auch so bleibt.
Das heißt, Sie mussten immer sehr stark sein?
Als ich angefangen habe, war ich sehr jung, ich bin auch von der Körpergröße nicht gerade groß, ich musste die Position schon erkämpfen. Einerseits durch Erfahrung, auch das zunehmende Alter hat geholfen und ich sehe, dass die Zeiten sich schon geändert haben. Ich habe jetzt mit unendlich mehr Frauen zu tun, als in meiner Anfangszeit.
Haben Frauen es grundsätzlich schwerer?
Ich denke, bei Richter/innen ist die Situation ziemlich ausgewogen, beruflich gesehen. Was noch immer nicht ausgeglichen ist, ist die Doppel- und Mehrfachbelastung von Frauen durch Familie und Haushalt. Deshalb bin ich auch wirklich eine Anhängerin des Gleichbehandlungsgesetzes, eine Willensäußerung des Staates.
Wenn Sie nicht mehr Präsidentin sind, was dann?
Ich bleibe natürlich Gerichtsvorsteherin in Döbling, kann mich dem ganz widmen und meine Freizeit bekommt auch eine andere Qualität. Ich halte es aber schon für möglich, wieder etwas zusätzlich zu machen, mich für etwas zu engagieren.
Ist eine politische Karriere als Justizministerin denkbar?
So etwas wäre nur möglich fern von Parteien, Ideologien und dergleichen. Mir ist diese Unabhängigkeit in Fleisch und Blut übergegangen. Selbstständige Beurteilungen und Lösungen sind für mich unverzichtbar.
Welche Vision haben Sie betreffend des österreichischen Justizbereiches?
Dass die Gerichtsbarkeit als eigenständige Staatsgewalt viel stärker wahrgenommen wird und nicht als Anhängsel an das Justizministerium gesehen wird. In den angloamerikanischen Ländern ist die Gerichtsbarkeit in ihrer Eigenständigkeit unantastbar – und eine derartige Positionierung würde ich mir auch für Österreich wünschen. 
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