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Wirtschaftstrainerin Maria Th. Radinger über Etikette-Sünden, guten Stil und die Rolle der Gastgeberin

Sie ist Wirtschaftstrainerin und Unternehmensberaterin, darüber hinaus schult sie Mitarbeiter in der 4-und 5-Sterne-Hotellerie und hält Seminare & Vorträge über Umgangsformen für Business und Privat, Business-Kleidung und Tischkultur und Tischsitten beim offiziellen Essen. Austrian Business Woman sprach mit Mag. Maria Th. Radinger über Etikette-Sünden, guten Stil und die Rolle der Gastgeberin.

Schildern Sie uns bitte kurz Ihren Werdegang?

Aufgewachsen im elterlichen Gasthof in Steindorf am Ossiachersee. Nach Absolvierung der 5-jährigen-Tourismusakademie in Villach begann ich meine berufliche Laufbahn im Hotelfach. Ich startete als Hausdamen-Assistentin in einem 5-Sterne-Hotel in Genf in der Schweiz und war danach 15 Jahre in der Gastronomie und Hotellerie in den Bereichen Service, Rezeption, Büro und Housekeeping in leitenden Funktionen tätig. Bereits 1988 startete ich mit den ersten Trainings in der Hotellerie.

Bei „Beauty is Life“ in Hamburg machte ich 2005 die Ausbildung zur Farb-, Stil- und Imageberaterin. An der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt absolvierte ich 2006 das Studium Pädagogik mit Schwerpunkt Erwachsenen- und Berufsbildung. Das Thema meiner Diplomarbeit war „Gesellschaftliche Gewandtheit als Erfolgsfaktor“. Da mich das Thema Umgangsformen schon immer fasziniert hat, habe ich die Zeit an der Uni genutzt, um mich intensiv mit der Geschichte dahinter auseinander zu setzen. Seit 2003 arbeite ich als selbständige Wirtschaftstrainerin und Unternehmensberaterin. Seit 2004 bin ich Mitglied des Netzwerks Etikette Trainer International ETI und seit 2012 Mitglied in der Gastronomischen Akademie Deutschlands. Neben dem Standort Villach gibt es seit 2009 ein Büro in Wien. 

Warum sind Stil und Etikette niemals veraltet?

Menschen erleichtern sich einfach bei Einhalten bestimmter anerkannter Regeln den Umgang miteinander. 

Welchen Stellenwert haben Stil und Etikette im Tourismus (Hotellerie & Gastronomie) – wo sehen Sie die größten Mankos?

Gerade in der Gastgeber-Rolle haben Stil und Etikette einen besonderen Stellenwert. Gastfreundschaft genießt in allen Ländern der Welt schon seit der Antike ein hohes Ansehen. Gäste zu empfangen, zu bewirten und zu beherbergen war eine Ehre und an der Tafel wurde dem Gast ein Ehrenplatz eingeräumt. Wir beschäftigen heute im Tourismus zusehends mehr Quereinsteiger, die über die Gepflogenheiten der Gäste kaum Bescheid wissen. Die Gefahr, „wissende Gäste und unwissende Mitarbeiter“ zu haben, ist also groß. 

Welche Tipps sollten Businessfrauen bei einem Meeting im Restaurant unbedingt beachten?

Wenn Geschäftsfrauen die Rolle der Gastgeberin übernehmen, dann ist es auch ihre Aufgabe, diese kompetent auszufüllen. Vom Platzieren, über Weinauswahl bis hin zur diskreten Begleichung der Rechnung übernehmen Sie alle – bis auf zwei – Aufgaben, die auch ein männlicher Gastgeber hat: die Frau als Gastgeberin muss keine Garderobe abnehmen und auch nicht den Stuhl der Gäste zu Recht rücken.

Stichwort Businesskleidung von Frauen: Wie sollte diese aussehen?

Durch Kleidung senden wir bewusste und unbewusste Signale. Innerhalb eines Augenblicks wird somit die Entscheidung getroffen, ob das Gegenüber die Frau als kompetent, sympathisch und selbstbewusst einschätzt. Für die tägliche „Inszenierung“ sind die Branche, die Position und der persönliche Stil ausschlaggebend. Gute Passform, hochwertige Materialien, angemessene Farben, eine klare Linie und ein Hauch von Kreativität verleihen der Frau im Geschäftsleben die nötige Autorität. 

Welche Stil und Etikette-Sünden sind unverzeihlich?

In Sachen Umgangsformen ist es der fehlende Respekt gegenüber den Mitmenschen, der unverzeihlich ist. Darauf begründen sich ja viele sogenannte „Regeln“, die unser Miteinander erleichtern sollen. Es beginnt bei Unpünktlichkeit und endet bei Nichteinhaltung der angegebenen Kleiderordnung. 

Welche „Wissenslücken“ in Etikettefragen beobachten Sie am häufigsten?

In meinen Seminaren ist das Thema „Das offizielle Essen“ immer sehr wichtig. Hier gibt es jede Menge Wisssenslücken, da uns ganz offensichtlich das gemeinsame Essen abhanden gekommen ist. Bei Umgangsformen bemerke ich kleine Unsicherheiten, weil die Menschen sich nicht mehr sicher sind, was denn im 21. Jahrhundert noch zeitgemäß ist, sowohl zwischen Mann und Frau als auch in Sachen Hierarchie. Bei der Kleidung ist ja generell ein „alles ist möglich“ sichtbar und gerade bei Veranstaltungen (auch mit angegebenem Dresscode) ist die Vielfalt enorm.  Doch beim gemeinsamen Essen im privaten ebenso wie beruflichen Umfeld wird schnell sichtbar, wenn die Basics fehlen.

Ist guter Stil überhaupt zu erlernen?

Die „gute alte Kinderstube“ ist durch nichts zu ersetzen und doch gibt das tägliche Umsetzen von Umgangsformen und Tischsitten die Chance der Veränderung. Vorausgesetzt man ist sich der Wirkung bewusst.

Wer ist die Hauptzielgruppe Ihrer Vorträge?

Ich bin sowohl in der gehobenen Hotellerie, Gastronomie sowie in Tourismusbetrieben als auch in Wirtschaftsunternehmen tätig. Vom Lehrling bis zur Führungskraft, von Unternehmerinnen und Unternehmern bis zu Privatpersonen. Personen, denen bewusst ist, dass jedes Geschäft zwischen Menschen abgehandelt wird und durch die Globalisierung – sowohl auf Gäste- bzw. Kundenebene als auch auf der Mitarbeiterebene – kommt auch noch der interkulturelle Aspekt hinzu.

Was fasziniert Sie an Stil und Etikette?

Dieses Thema begleitet mich schon seit meiner Kindheit. Ich bin in einem Familien-geführten Tourismusbetrieb groß geworden und war und bin fasziniert von Menschen. Zu sehen, welch enormen Einfluss – positiv wie negativ- Umgangsformen, Kleidung und Tischsitten auf das Zusammenleben der Menschen hat. Alles wird in unserer Gesellschaft schneller und anspruchsvoller. Die Individualisierung nimmt zu und gerade deshalb wird „die Qualität der Begegnung noch wichtiger“.

Foto: Helge Bauer

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