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Heimische Gasversorgung

Seit Mitte Juni wird kein russisches Gas mehr an die Ukraine geliefert. Die Gaslieferungen Russlands in die Europäische Union (über die Leitungen in der Ukraine und Leitungen in anderen Ländern) erfolgen aber weiter wie gewohnt. "Der russische Gaslieferant Gazprom kommt seiner Lieferverpflichtung gegenüber der EU bislang zur Gänze nach", betont Walter Boltz, Vorstand der österreichischen Strom- und Gasregulierungsbehörde E-Control und Vizepräsident der europäischen Energieregulatoren CEER. Dies treffe auch auf Lieferungen über die Ukraine-Leitung zu. "Am Gasknotenpunkt im niederösterreichischen Baumgarten kommt das russische Gas bisher in vollem Umfang an." Die aktuell kolportierten Pläne Russlands für eine Gasblockade der EU "sollten nicht überbewertet werden", beruhigt Boltz. "Russland wird weiter liefern - solange sich die politische Lage nicht noch mehr zuspitzt." Europa ist in hohem Maße von Gasimporten abhängig. EU-weit betrug der Anteil von russischem Gas beim gesamten Aufkommen (inkl. Eigenproduktion) 2013 rund 27 Prozent.

Stresstest im August abgeschlossen
Die EU-Kommission forderte vor dem Sommer alle Mitgliedsländer auf, in Stresstests die Robustheit ihrer Gasversorgung zu prüfen. Zudem sollten die Staaten nachdenken, ob sie ihre Reserven, etwa im Bereich der Gasvorräte, aufstocken. In Österreich hat die E-Control den Sicherheits-Stresstest erstellt, dieser wird in den nächsten Tagen an die EU-Kommission übermittelt. Die Ergebnisse werden Anfang Oktober veröffentlicht. "Österreich verfügt seit Jahren über eine sehr gut ausgebaute Gasinfrastruktur in den Bereichen Transport, Produktion und Speicher", betont Boltz. Zudem hat das Monitoring der Erfüllung des Versorgungsstandards im vergangenen Jahr bereits gezeigt, dass die Versorger in der Lage sind, ihre Gaskunden auch in Extremsituationen zu beliefern. Die Überprüfung wird auch in diesem Sommer wieder von der E-Control vorgenommen, die Versorger müssen bis Anfang September die entsprechenden Daten übermitteln.

Alternative Routen bei Ausfall des Gastransits über die Ukraine Sollte es zu einer Unterbrechung des Gastransits über die Ukraine kommen, gäbe es alternative Routen für das russische Gas, sagt Boltz. "Wenn das russische Gas nicht über die Ukraine kommt, dann erhalten wir es über andere Wege. Gazprom ist zur Lieferung vertraglich verpflichtet. Das Gas kommt dann etwa über die Ostseepipeline Nord Stream, diese verfügt noch über genügend Reservekapazitäten", betont Boltz. "Unterbrechungen durch die Ukraine wären infrastrukturtechnisch auszugleichen."

Komplettausfall wäre Herausforderung für Europa
Sollte allerdings gar kein russisches Gas kommen, weder über die Ukraine-Leitung noch über Weißrussland oder die Ostseepipeline, wäre dies für Europa eine Herausforderung, betont Vorstand Boltz. "Bei einer Unterbrechung der gesamten russischen Lieferungen wären zuerst mittel- und osteuropäische Länder betroffen." Das zeigen Berechnungen des Europäischen Verbands der Gasfernleitungsnetzbetreiber ENTSO-G. "Österreich würde über die Runden kommen, aber für andere Länder würde es ein Problem werden." Boltz verweist aber darauf, dass ein kompletter Ausfall aller russischen Gaslieferungen noch nie vorgekommen sei. "Selbst während des Kalten Krieges hat Russland sein Gas immer vertragsgemäß geliefert." Das habe auch wirtschaftliche Gründe, ergänzt Boltz. "60 Prozent seiner Erlöse im Gashandel generiert Gazprom aus Exporten nach Europa."

Abhängigkeit reduzieren durch Beschränkung Marktanteile, mehr Speicher
Um die Abhängigkeit Europas von einzelnen Lieferanten im Gasbereich zu reduzieren, gibt es verschiedene Optionen, die derzeit in Diskussion sind. Eine mögliche Maßnahme ist eine Beschränkung der Marktanteile. "Das könnte bedeuten, dass kein einzelner Gaslieferant beispielsweise über maximal 30 Prozent Marktanteil in einem Mitgliedstaat verfügen darf", erläutert Boltz. Wichtig für eine stärkere Diversifizierung bei den Lieferanten sei eine bessere regionale Zusammenarbeit zwischen den Ländern, so Boltz. Sinnvoll sei auch ein weiterer Ausbau der Gasspeicher. "Mit noch mehr Speicherkapazitäten kann die EU allfällige Lieferunterbrechungen noch besser überbrücken, das Erpressungspotenzial sinkt", sagt Boltz. Eine weitere Option ist das Vorhalten von Ersatzenergieträgern durch große Verbraucher. "Großen Industriebetrieben könnte vorgeschrieben werden, bestimmte Mengen an Öl, Kohle und anderen Energieträgern einzulagern, um auf diese im Bedarfsfall zurückgreifen zu können", führt Boltz aus.

Hohe Gasspeichervorräte
Die heimischen Gasspeicher sind aktuell zu rund 92 Prozent gefüllt. "Das ist deutlich mehr als letztes Jahr", betont Boltz. "Bei den Gasspeichervorräten sind wir in einem sehr komfortablen Zustand." Im ersten Halbjahr wurde deutlich mehr Gas von den Gashändlern und Gasversorgern eingespeichert. Die Entnahme aus Gasspeichern war im ersten Halbjahr 2014 um 50 Prozent geringer als im Vorjahr, die Einspeicherperiode und damit die Auffüllung der Speicher hat deutlich früher eingesetzt. "Schon Ende Juni haben die Speicher einen Füllstand erreicht, wie ansonsten üblicherweise erst zu Beginn der Heizsaison im Oktober", veranschaulicht Boltz.

Speicher könnten Anfang September zu 100 Prozent gefüllt sein Sollte die Einspeicherung in die Speicher, die unmittelbar an das österreichische Gasnetz angebunden sind (OMV Gas Storage-, RAG Energy Storage- und Eon Gas Storage-Speicher), weiterhin im gleichen Ausmaß fortgesetzt werden, könnte Anfang September ein Speicherfüllstand von 100 Prozent erreicht werden. "Eine sehr gute Ausgangslage für den kommenden Winter", so Boltz. In Österreich stehen Gasspeicher mit einer Lagerkapazität von 8,1 Milliarden Kubikmeter Gas zur Verfügung, das ist mehr als der Jahresverbrauch der österreichischen Gaskunden von rund 7,8 Milliarden Kubikmetern 2013.

Foto: E-Control, Anna Rauchenberger
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