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Barbara Haas, Chefredakteurin der Wienerin: "Ich möchte die Marken-DNA des Magazins stärker sichtbar machen"

Barbara Haas ist seit vergangenem September Chefredakteurin der Wienerin. Die Vollblutjournalistin über die Marken-DNA des Magazins, ihre Karriere und ihre Ziele für die Wienerin.

Wie viel Barbara Haas steckt in der Wienerin?

Ich hoffe viel, denn die WIENERIN ist für mich eigentlich das perfekte Magazin. Anregend, ästhetisch gemacht, journalistisch hochwertig und mit Inhalten, die jedes Mal einige „Küchenzurufe“ beinhalten. Also Storys, die ich in zwei knappen Sätzen als Neuigkeiten meinem Mann oder einer Freundin erzählen kann. Journalistisch komme ich ja aus dem sehr nachrichtengetriebenen Tageszeitungsleben und bin mittlerweile ganz dankbar, nicht mehr nur diesen „Breaking News“-Rhythmus, sondern die tieferer Recherche leben zu dürfen. Die WIENERIN setzt vielmehr auf Orientierung, als man das vielleicht von einem Lifestyle-Magazin erwarten würde. Dieses Profil zu schärfen, macht mir großen Spaß.

Sie haben im Journalismus eine kontinuierliche Karriere gemacht – worauf kommt es dabei an?

Darauf, sich seine Neugierde zu bewahren. Sowohl im journalistischen Kontext, aber auch im technologischen. Tiefe Wertschätzung für Kollegen, die etwas anderes für ein Medienprodukt machen als ich selbst, kam bei mir immer dann, wenn ich den Job mal ausprobiert habe. So habe ich etwa schon früh selbst Layouts gemacht, hab‘ fotografiert, Bilder bearbeitet, mich in allen mir bekannten Ressorts versucht, pendelte zwischen Afrika-Einsatz und Gemeinderatswahlen. Immer auch mit dem Risiko zu scheitern und wirklich nicht immer mit dem Ergebnis, dass ich alles kann, was ich da so probiert hatte. Aber mit vielen Erfahrungen, einer Menge Kontakten und dem Wissen, dass es auch richtig lustig sein kann, sich in einer dynamischen Medienwelt selbst auszuprobieren. Heute, in meiner Rolle als Führungskraft, kann ich von dieser Flexibilität und diesen Blickwinkeln enorm profitieren. Und: Keine Karriere machen zu wollen, ist beim Karriere machen natürlich immer hilfreich.

Ist es für junge Leute schwerer geworden in ihrer Branche Fuß zu fassen?

Nein, es gibt immer Bedarf an aufgeweckten und gescheiten Jung-Journalisten. Das wird sich niemals ändern. Aber es gibt mittlerweile viele gute Ausbildungen, junge Leute investieren da viel Zeit und auch Geld. Danach kommen sie oft mit sehr hohen Erwartungen in einen Markt, der gerade in Österreich gut gesättigt ist und sind enttäuscht von ihren Möglichkeiten. Dass man trotz guter Ausbildung „on the job“ lernen muss, erst mal nicht viel Geld verdient und trotzdem 24/7 Einsatzbereitschaft zeigen soll, passt oft nicht zum Bild der „shining“ Medienwelt. Trotzdem kann ich jeder jungen Journalistin und jedem Journalisten nur eines raten: hartnäckig bleiben, überraschen, Leidenschaft zeigen. 

Was zeichnet die Wienerin aus?

Die WIENERIN ist mehr eine Haltung, als ein Magazin. Das zeichnet sie aus. Denn die WIENERIN gibt Frauen nicht vor, wie sie zu leben haben, sie fördert vielmehr den Mut zur Individualität. Diese Haltung versuchen wir in der Redaktion durch eine sensible Themenplanung zu leben.

Wer sind Ihre Leserinnen und wie sprechen sie diese an?

Unsere Leserinnen sind jetzt nicht 15 Jahre alt, das wäre echt gelogen. Unsere Leserstruktur liegt aktuell zwischen 20 und 40 Jahren und auch darüber hinaus. Es sind Frauen die fest im Leben stehen, ihre Selbstbestimmung schätzen, aber auch schon ein, zwei große Krisen gemeistert haben und generell wissen, wie „der Hase läuft“. Wir versuchen sie dort anzusprechen und abzuholen, wo ihre Bedürfnisse liegen, aber sie auch mit Themen zu überraschen, die bewegen. Sowohl emotional, als auch gesellschaftspolitisch.

Welche Ziele haben sie für die Wienerin?

Mein Ziel ist es, die Marken-DNA der WIENERIN stärker sichtbar zu machen. Dieses Magazin wurde vor genau 30 Jahren gegründet, sie war und ist eine Vorreiterin, wenn es darum geht, Frauen und auch Frauen-Solidarität zu stärken. Aber die WIENERIN zeigt genauso, dass schöne Dinge, von Mode über Beauty bis hin zu Interior Design oder Reise ebenfalls zur Welt von selbstbewussten Frauen gehören. Was ich möchte ist, dass die WIENERIN zu einem echten Lebensgefühl wird, das nicht nur im Magazin, sondern auch online und bei Veranstaltungen spürbar wird. Für Frauen, die wissen was sie wollen und sich in dieser selbstbewussten Community wohl fühlen.

Haben sich die Ansprüche der Leserinnen in den letzten Jahren verändert?

Ja, Gott sei Dank. Denn daran erkennt man, dass doch nicht alle Bemühungen in der Frauenpolitik vergeblich waren. Unsere Leserinnen sind sicher kritischer geworden, reflektierter und trauen sich ganz selbstverständlich ihre Meinung zu sagen. Ich finde das ausschließlich positiv, denn ein starkes Gegenüber und die daraus resultierende Debatte auf Augenhöhe ist aus meiner Sicht ein spannender Prozess.

Wie läuft es mit dem Online-Portal?

Naja, wir sind spät dran, denn zu einem so starken Print-Magazin müsste es eigentlich schon längst ein Äquivalent online geben. Was wir derzeit haben, ist also noch nicht das, was wir wollen. Aber gemeinsam mit Katrin Halbhuber, der Portal-Managerin, arbeiten wir intensiv an einem Relaunch, der genau das bringen soll. Und der wird sehr lässig, Sie werden sehen…   

Wie können einander Online-Portal und Printmagazin ergänzen?

Print und Online sind zwei ganz verschiedene Medien mit ganz verschiedenen Geschwindigkeiten. Das ist eine Binsenweisheit, aber es ist wichtig, sich diese immer wieder in Erinnerung zu rufen, denn nur dann kann es sinnvolle Ergänzungen geben. Wir verstärken  gerade massiv die Online-Redaktion, parallel dazu evaluieren wir das multimediale Potenzial in der Printredaktion. Hier gibt es eine große Bereitschaft seitens der Redakteurinnen und auch Potenzial, das man ergänzend gut nützen kann, aber nicht in dem Ausmaß, wie man es vor ein paar Jahren in den Verlagen noch glaubte. Man muss also beide Kanäle in ihrer Bedeutung wertschätzen, damit sie sich wirklich stärken und nicht am Ende kannibalisieren.

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