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Auch Jugendliche geben immer öfter auf

Statistiken über Jugendarbeitslosigkeit werden künftig immer weniger die Realität widerspiegeln. Davor warnt die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in ihrem jüngsten Bericht eindringlich. „Immer mehr junge Menschen“ würden sich „aus dem offiziellen Arbeitsmarkt zurückziehen, weil es für sie einfach immer schwieriger wird, einen Job zu finden“, so ILO-Experte Ekkehard Ernst.

Das Phänomen statistischer „U-Boote“ in Hinblick auf die Jugendarbeitslosigkeit ist aus Entwicklungsländern schon länger bekannt. Nun ist es auch in den Industrienationen angekommen. Hinter offiziell sinkenden Zahlen bei jugendlichen Arbeitslosen verbirgt sich in Wahrheit eine weitere Verschlechterung des Arbeitsmarktes - mit mehr Menschen, die nicht einmal den ersten Sprung in die Arbeitswelt schaffen und daher für die Statistik unsichtbar bleiben.

Entmutigtes Abtauchen in „informelle Tätigkeiten“

Junge Leute verlieren anscheinend auch in westlichen Industrieländern nach unzähligen erfolglosen Bewerbungen zunehmend die Hoffnung. „Junge Leute wenden sich dann oft informellen Aktivitäten zu“, meinte Ernst, Leiter der ILO-Abteilung für Beschäftigungsentwicklung und Chefautor der am Dienstag vorgestellten Studie. „Dieses Phänomen können wir nun auch in entwickelten Volkswirtschaften erleben, wo die Situation für junge Leute sehr schwierig ist.“

Die ILO appelliert deshalb an Regierungen und Wirtschaft, Programme zur Schaffung von Jobs für junge Menschen aufzulegen oder zu intensivieren. Als beispielhaft werden etwa Beschäftigungsgarantieen für Jugendliche in Ländern wie Finnland, Norwegen und Schweden hervorgehoben. So gebe es in Schweden Steuererleichterungen für Unternehmen, die mehr Jugendliche einstellen. Die Kosten für solche Programme würden meist weniger als ein halbes Prozent des jeweiligen Bruttosozialprodukts eines Landes ausmachen.

Nur scheinbare Entspannung in Industrieländern

Auch ohne den Faktor der statistischen „U-Boote“ bleiben die Zahlen trist: Die Jugendarbeitslosigkeit wird laut der UNO-Teilorganisation weltweit weiter steigen. Dass sie in den Industrieländern von derzeit durchschnittlich 17,5 Prozent innerhalb der nächsten fünf Jahre auf 15,6 Prozent sinken soll, scheint nur auf den ersten Blick erfreulich - liegt sie damit doch immer noch deutlich über dem weltweiten Schnitt: Global betrachtet liegt die Jugendarbeitslosigkeit derzeit bei 12,7 Prozent und soll bis 2017 auf 12,9 Prozent steigen.

Der höchste Anstieg wird dabei im Nahen Osten erwartet. Leichte Zuwächse sind ebenso für die Region Südostasien/Pazifik prognostiziert. Das voraussichtliche Sinken der Jugendarbeitslosigkeit in den Industrieländern zur selben Zeit ist aus der Sicht der ILO nur scheinbar ein Paradoxon: Es folge „auf die weitaus größte Zunahme im Vergleich zu allen anderen Weltregionen seit Beginn der Krise“. Auch die erwartete Quote von 15,6 Prozent sei noch erheblich höher als die Quote von 12,5 Prozent im Jahr 2007 - vor Beginn der Finanz- und Schuldenkrise.

Gezeichnet fürs Leben

Als Hauptursache der hohen Jugendarbeitslosigkeit nennt die ILO die stärker durchschlagenden Folgen der Schuldenkrise. Kennzeichnend für Europa seien weiter enorme Unterschiede mit einer Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent in Spanien und Griechenland und weniger als zehn Prozent in Deutschland und der Schweiz. Die Betroffenen seien Teil einer „gezeichneten Generation“, die sich nur in einem Dreieck aus Arbeitslosigkeit, prekären Arbeitsverhältnissen und Trägheit bewegen kann.
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