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Heute schon gezockt? Videospiele können Kompetenzen schulen, die im Berufsleben gefragt sind

Abgekapselt, asozial, innerlich gewaltbereit und freilich ganzjährig blass um die Nase, weil das einzige Hobby vor dem Computer ausgelebt wird – mit diesem Schubladendenken räumen gleich mehrere Studien auf, die zeigen, dass Gamer, die in ihrer Freizeit gerne Video- und Computerspielen frönen, dadurch Fähigkeiten wie Lösungskompetenz und Kooperationsvermögen entwickeln. Doch die gesunde Dosis des Gaming ist umstritten. Klar ist aber: Auch mit dem immer noch weit verbreiteten Vorurteil, dass Gaming eine Männerdomäne sei, muss aufgeräumt werden. Schon 2014 hat die US-amerikanische Organisation Entertainment Software Association Frauen im Alter von über 18 Jahren als größte demographische Gruppe innerhalb der Gaming-Community ausgemacht. Warum muss Gaming egal für welches Geschlecht keine Zeitverschwendung sein? Welche Kompetenzen für das „echte“ Leben – insbesondere das Berufsleben – können dadurch geschult werden?

Bessere Fokussierung im Berufsstress

Laut einer Untersuchung der Universität Bristol, geleitet von Prof. Paul Howard-Jones, verbessern Videospiele und Serious Games die allgemeine Konzentrationsfähigkeit sowie das Erinnerungsvermögen und bekämpfen „Mind-Wandering“, also ständiges Abdriften in Gedanken. Und wer kennt das nicht: Eine wichtige Verhandlung steht bevor, private Schwierigkeiten sitzen im Hinterkopf und plötzlich kann man sich auf keines der vielen Probleme mehr richtig fokussieren. „Mind Wandering“ verschwindet aber, sobald wir den Aspekt des Wettbewerbs einbeziehen – wie in einem Videospiel gegeben. In jedem Wettkampf gibt es jedoch auch einen Verlierer, was uns gleich zum nächsten Punkt bringt: In Videospielen gewinnt wirklich „der Bessere“ und der Verlierer kann und muss sich damit abfinden.  

Benefits fürs Business

Komplexe Computer- und Videogames fordern den Anwender heraus – egal ob Student, Angestellter oder Manager, der oder die ihre Führungskompetenzen weiterentwickeln will. Weil viele Spiele einem kreative Lösungen und Anpassungen oder aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit mit anderen abverlangen, können sie Intelligenz und Sozialverhalten entgegen früherer Ansichten demnach sogar fördern.  Videospiele seien wichtig, meint auch Unternehmer Mark Zuckerberg, denn ohne diese Beschäftigung hätte er selbst vermutlich nie fürs Programmieren und Informatik interessiert.

Mehr Spielerinnen, weniger Sexualisierung

Der Anteil an weiblichen Gamern hat in den letzten Jahren stetig zugenommen und als wenig überraschende Folge die oft kritisierte Sexualisierung von Frauen in Videospielen ab. Auch das klassische Spielprinzip hat sich geändert. In kaum einem Spiel geht es heute noch – wie noch bei „Super Mario“ oder „Zelda“ – darum, die Prinzessin in Not zu retten. Und auch beim Vergleich des einstigen Designs von Lara Croft (erstmals 1996 im Spiel „Tomb Raider“) mit der Neuauflage 2013 sind nicht nur technische Verbesserungen festzustellen: Auch in Sachen Oberweite und Bekleidung „normalisiert“ man sich langsam…

Sind neun Stunden Videospiel zu viel?

Doch die Forschungsergebnisse sind nicht einstimmig: Spanische Wissenschaftler, die voriges Jahr in dem Magazin „Annals of Neurology“ eine Studie veröffentlichten, widersprechen obigen Ergebnissen insofern, als nicht mehr als zwei Stunden pro Woche gespielt werden sollte. Während dieses maßvolle Gaming zu einer besseren Hand-Auge-Koordination und steigenden Leistungen der untersuchten Kinder (zwischen 7 und 11 Jahren) in der Schule führte, zeigten Kinder, die neun oder mehr Stunden pro Woche gamen, eher Verhaltensprobleme und eine geringere Sozialkompetenz. Und dennoch: Videospielen in geringem Ausmaß führt zu einer besseren Leistung von Gehirnregionen, die mit dem Erlernen neuer Fähigkeiten in Verbindung stehen.

Hängen Beschäftigung und Gaming zusammen?

Es gibt aber auch gegenteilige Theorien, die so gegenteilig auf den zweiten Blick gar nicht sind: Wie der „Economist“ berichtet, haben vier Wissenschaftler im Februar dieses Jahres einen Artikel veröffentlicht, in dem sie eine Korrelation zwischen sinkender Beschäftigung und steigendem Videospielkonsum unter jungen US-Männern ohne Universitätsabschluss beschreiben. Beschäftigungsrate und geleistete Arbeitsstunden sind bei dieser Gruppe in 15 Jahren signifikant gefallen. Jede Arbeitsstunde, die wegfalle, werde durch ungefähr eine Stunde Freizeitaktivitäten ersetzt und Videospielen nehme in der untersuchten Gruppe 75 Prozent dieser Zeit ein. Weil Videospiele in den letzten Jahren realistischer, komplexer und günstiger geworden seien, wäre es denkbar, dass die Befriedigung, die solche Spiele bieten, einige Nutzer davon abgehalten hat, ihre Karrieren entsprechend ehrgeizig zu verfolgen. Eine derartige Kausalität ist jedoch noch lange nicht bewiesen.

Wenn Sie Ihren Kollegen also das nächste Mal in der Mittagspause beim Zocken erwischen, können Sie natürlich weiterhin den Kopf schütteln, aber Probieren geht bekanntlich über Studieren… 

Foto: Shutterstock/eakasam

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