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Leidenschaft zur Hotellerie

Sie haben Betriebswirtschaftslehre studiert. War die Tourismusbranche immer besonders interessant für Sie?
Bedingt durch das Elternhaus hat sich die Frage eigentlich nie gestellt. Bei uns war es üblich, dass die Kinder schon frühzeitig im Betrieb mitarbeiten und mein Vater hat mich auch sehr früh zu den diversen Tourismusveranstaltungen mitgenommen. Er selber war ja sehr aktiv und wir haben damals neben dem Gasthaus zu Sonne, welches meine Großmutter und meine Mutter geführt haben, schon in den 70iger Jahren viele Bälle und Gourmetabende veranstaltet und dann die Taverne und das Hotel am Sachsengang eröffnet, das fand ich damals schon sehr spannend, denn das hat mir viele Entfaltungsmöglichkeiten geboten. Tourismus ist eine sehr spannende, bunte und vielfältige Branche. Tourismus ist auch eine Branche, die in der Zeit in der ich groß geworden bin, einem gerade die ganze Welt zu Füßen gelegt hat, man konnte überall hin reisen, es sind tolle Hotels entstanden, alles war spannend, alles war möglich. Es gab so viele Chancen und es war eine Branche von Menschen für Menschen. Obwohl ich also mit einem Studium an der Wirtschaftsuniversität keine für damalige Zeiten übliche touristische Ausbildung gemacht habe, habe ich nie daran gedacht, in einer anderen Branche zu arbeiten, ich konnte zu Hause einfach perfekt meine Leidenschaft und mein Wissen kombiniert beruflich ausleben.

Was macht den Reiz Ihrer Tätigkeit für Sie aus?
Vieles was in der Frage davor schon beantwortet wurde. Wenn ich es aus meiner jetzigen Perspektive aus betrachte, nach vielen Jahren zu Hause am Sachsengang, dann einige Jahre das Management und die Restrukturierung des Hotel City Club und der Pyramide in Vösendorf, dann 10 Jahre Gründung und Aufbau des Wiener Tourismusberatungsbüros von Kohl & Partner und nun ebenso wieder 10 Jahre Aufbau und Entwicklung der LOISIUM Hotels, haben mir so viele spannende Herausforderungen abgerungen, an denen ich unglaublich wachsen konnte, unendlich viele verschiedene Menschen kennen lernen durfte, dass ich mich glücklich schätze, diese vielen Aufgaben gestellt bekommen zu haben. Das schönste dabei ist aber, mit tollen Mitarbeitern und Teams tolle Ideen umsetzen zu dürfen. Ich liebe es, Leidenschaften bei anderen zu wecken, diesen neue Wege zu zeigen, Ideen zu wälzen und mit Haut und Haar für die Umsetzungen dieser zu kämpfen. Wenn es dann klappt, ist das eine tolle Sache. Oft klappt es natürlich auch nicht oder nicht ganz so, wie man es sich erwartet hat, man darf sich aber nicht entmutigen lassen und muss einfach immer weiter machen. Ich denke, wenn man die Sache immer aufrichtig und mit vollem Engagement, sowie mit größtmöglicher Professionalität, dennoch gut selbstreflektiert, macht, wird man irgendwie am Ende des Tages ausreichend belohnt. Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass man nie aufhört zu lernen, nie aufhört Neues zu erkunden.


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Leidenschaft zur Hotellerie

Ihre Aufgaben sind vielfältig. Bleibt da noch genug Zeit für Dinge, die nichts mit der Arbeit zu tun haben?
Als ich jung war, war ich als Reiterin immer viel mit meinen Islandpferden und Freunden auf den diversen Turnieren und Trainingskursen unterwegs. Danach waren die Familie, die Kinder, das Haus im Waldviertel, Kochen, weite Reisen machen und die Tiere, ich hatte immer 2 Hunde, 3 Pferde, einen Kater und viele Interessen, zu bewältigen. Heute frage ich mich manchmal, wie wir das alles gemacht haben, aber es hat toll funktioniert, alle haben in der Familie immer mitgeholfen, jeder hatte Verständnis, da alle immer irgendwie sehr engagiert und fleißig waren.
Als die Kinder dann in den letzten Jahren alle aus dem Haus waren, wurde es ein bissl schwieriger. Man hat dann meist ein großes Netzwerk und viele Erfahrungen und auch berufliche Engagements und die Zeit mit den Kindern wird dann doch ganz vom beruflichen Engagement aufgefressen. Da muss man sehr aufpassen, vor allem in Zeiten wie diesen, wo man ja überall online ist und schon beim Frühstück die Umsätze des Vortags der Hotels checken kann. Ich bin gerade dabei, hier wieder eine Notbremse zu ziehen und nicht die Pflege der Familie und der Freunde und auch Hobbys zu vergessen. Ich mache seit 2 Jahren wöchentlich Yoga, mit Meditation, chanten und allem was dazu gehört, bin jetzt Mitglied beim Rotary Club Vienna International geworden, wo es auch viel um soziale Projekte und soziales Engagement geht  und mittlerweile ist das 4. Enkelkind unterwegs, da hoffe ich auch, dass mein Mann und ich die große Familie als neues, spannendes Zentrum leben können. Aber es ist sicher richtig, so viel Arbeit wie jetzt und so wenig Zeit für mich hatte ich noch nie. Früher habe ich das viel besser hinbekommen.

Sie sind HOTREC-Vizepräsidentin und stellvertretende Obfrau des WKÖ-Fachverbandes Hotellerie. Welche Herausforderungen bringen diese Tätigkeiten mit sich?
Zuallererst mal Zeit, denn es bedeutet Arbeit nächtens und an vielen Wochenenden, da einem die Arbeitszeit als Funktionär ja bei der normalen Arbeitszeit fehlt. Know-how für Themen, die die gesamte Branche betreffen und hier vor allem, dass man sich auch Themen erarbeiten können muss, die man vorher nicht präsent hatte, und das, wenn es um die HOTREC geht, auch auf Englisch. Das alles hat mich in den ersten Jahren sehr gestresst und fordert mich jetzt oft noch sehr, da man zu Beginn eines Themas oder eines Meetings oft nicht genau weiß, was auf einen zukommt, wie man das am Besten managt, etc. Dazu braucht man oft sehr viel Disziplin und Fleiß. Ich muss da immer meinen inneren Schweinehund ordentlich unter Druck setzen und auf etliche freie Zeit und Entspannungszeit verzichten.

Dann viel Einfühlungsvermögen gegenüber den unterschiedlichen involvierten Personen oder Gruppierungen und gleichzeitig die Verantwortung, die Themen und Herausforderungen zu einem gemeinsamen Konsens zu bringen, der mehr ist, als nur ein mittelmäßiger Kompromiss, sondern ein gutes Ergebnis für die Branche.
Man muss auch einen guten Magen haben, oft geht es nicht sehr fair zu. Man darf sich keine Dankbarkeit erwarten und auch erfolgreiche und fachlich beste Erledigung oder der Willen aller Beteiligten entscheidet nicht immer über sein oder nicht sein.
Auf EU Ebene gelten dann noch die Regel der großen Länder gegen die kleinen und der Einfluss der unterschiedlichen Allianzen, da muss man viel mit Persönlichkeit, Achtung und Kompetenz punkten, um als Vertreter eines kleinen Landes dennoch geschätzt und geachtet zu werden. Ja und das heißt wieder viel Vorarbeit und lesen und recherchieren und inhaltlich vorbereiten und nichts dem Zufall überlassen….

Was assoziieren Sie persönlich mit dem Begriff Tourismus?
Vielfalt, Menschen, Emotionalität, Professionalität und das Leben an sich. Tourismus ist heute ja mehr als nur Reisen. Tourismus hat in vielen Regionen vieles verändert, im Positiven wie im Negativen und beeinflusst das Leben aller Menschen, jener die dorthin kommen und jener die dort leben und arbeiten. Tourismus ist aber vor allem auch eine Branche, die an den Ort des Geschehens gebunden ist. Hotels und Gasthäuser sind und bleiben ein Platz für Menschen und sind der Ort, von dem aus ich eine Region, seine Menschen und deren Kultur und Lebensart erkunden und erleben kann. Menschen suchen heute in unserer Branche viel mehr als einen Platz zum Schlafen oder Erholung, sie suchen oftmals sich selbst und wir gestalten diese Plätze und Räume für sie. Das wird uns Hoteliers, Gastronomen und Touristiker im Allgemeinen noch mehr als bisher fordern. Eine neue Art der Professionalität, mehr Auseinandersetzung mit unserem Tun, unseren Gästen und unseren Mitarbeitern, wie wir miteinander umgehen, werden bzw. sind die zentralen Fragen. Gleichzeitig wird es nicht ewiges Wachstum geben können und dennoch steigen die Kosten regelmäßig weiter. Die Ertragskraft vieler Betriebe ist gefährdet und alle verharren in den alten Systemen, von der Gewerkschaft bis zur Wirtschaftskammer. Eine große Herausforderung, die da ansteht im Tourismus.

Mobilität und Technologie haben und werden den Tourismus ebenso noch viel stärker als bisher beeinflussen. Was das an neuen Entwicklungen für unsere Branche bedeutet, kann man sich derzeit kaum vorstellen. Auf der ITB wurde beim Hospitality Day im „Mobile“ Vortrag sehr gut vermittelt, dass es in den nächsten 5 Jahren wieder völlig anders aussehen wird als heute, Buchungsmöglichkeiten werden völlig anders sein, die Rollte der OTAs wird völlig anders sein, etc. Wenn man sich die historische Entwicklung von Smartphones und Tablets ansieht, dann weiß man, dass sich in 5 Jahren wirklich viel verändern kann.




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Leidenschaft zur Hotellerie

Welche Eigenschaften sollten Menschen, die sich der Branche verschrieben haben, unbedingt mitbringen?
Frustrationstoleranz, Konfliktfähigkeit, Leidenschaft, Ausdauer und Disziplin, Flexibilität, Lernbereitschaft, Kreativität, Offenheit, Teamorientierung, Menschenliebe, Innovationsfähigkeit, Fleiß, Selbstmotivation, und ein großes Herz für alles was und wem man so begegnet,…..

Haben Sie jemals darüber nachgedacht, in einem völlig anderen Bereich zu arbeiten?
Ja, schon. Ich hatte aber auch das Glück, im Laufe der letzten 20 Jahre, verschiedenste Positionen und Aufgaben zu haben. Hotelmanagement, Tourismusberatung, Hotelentwicklung und Immobilien Development. Immer waren andere Berufsgruppen und Netzwerke beteiligt und immer musste ich Neues lernen und mich in neue Bereiche einarbeiten. Das war an und für sich schon sehr spannend. Ich wurde während der letzten 10 Jahre auch immer mehr als Vortragende bei Kongressen  im In- und Ausland oder als Moderatorin eingeladen, was letztlich ja wieder eine neue Rolle war, die ich immer als besonders interessant empfinde. Mit anderen über spannende Themen in unserer Branche diskutieren, ist einfach gut und hilft sehr, wenn es um neue Denkansätze geht.
Ich hatte also wirklich Glück, ein sehr breites Spektrum im Tourismus abdecken zu dürfen. Wichtig war mir aber immer meine Rolle als Unternehmerin, ich wollte immer selbstständig bleiben, das hab ich für meinen persönlichen, vielleicht letztlich eher virtuellen, Freiraum gebraucht.
Wenn ich so retrospektiv träume, dann hätte es eventuell auch eine Aufgabe im Bereich der Landwirtschaft oder der Pferdezucht, oder wenn ich in eine ganz andere Richtung denke, auch der Coachingbereich sein können, ich arbeite sehr gerne mit Menschen.

Wie schwierig ist es, sich als Frau in einer Führungsposition zu behaupten?
Ich bin eine Unternehmertochter, die mit dem Rollenbild von starken Frauen, Mutter und Großmütter, und einem Vater, der zwischen Tochter und Sohn nicht unterschieden hat, aufgewachsen ist. Ich bin da mit einem ziemlichen Selbstverständnis unterwegs gewesen. Natürlich haben mich in jungen Jahren immer die dominant und selbstsicher wirkenden Männer im Geschäftsleben etwas irritiert, bis ich im Laufe der Jahre, in denen man ja an Erfahrung und Selbstsicherheit wächst, gelernt habe, dieses Bild beiseite zu schieben. Einschüchterung als solche habe ich ja soundso nicht zugelassen, aber es war halt eine Hürde.

Wenn ich also, von der von mir selbst erdachten Grenze in diesem Zusammenhang absehe,  dann hatte ich nur 2 Probleme als Frau in Führungspositionen. Zum einem, wenn Männer mir im Team unterstellt waren, die sich mit Frauen als übergeordnete Führungskraft oder was auch immer, schwer getan haben, da braucht es dann schon viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen, um da auf eine gute Arbeitsbasis zu kommen, manchmal klappt es auch gar nicht, dann muss man sich soundso trennen. Und zum anderen vor allem im Bereich meiner Funktionen in der Wirtschaftskammer. Da hat sich zwar in den letzten 10 Jahren viel verändert, man muss aber als sehr aktiv agierende Frau dennoch ziemliches Stehvermögen haben und einfach auch die Balance zwischen viel Können und Wissen und zwischen dem dies vorsichtig und subtil einzubringen, perfekt beherrschen.

Haben Sie Vorbilder?
Ja, natürlich, Vorbilder sind auch Teile der Persönlichkeitsvision. Die haben sich aber im Laufe der Zeit, je nach Lebensabschnitt und Alter, auch wieder geändert, also kein einziges großes Vorbild. Meine Vorbilder waren meist Menschen die wertvolle Persönlichkeiten sind oder solche, die menschlich und beruflich Dinge geleistet haben, die mich beeindruckt haben und die ich auch gerne erreichen wollte. 

Wovon träumen Sie?
Ich träume heute davon, dass unsere LOISIUM Hotels erfolgreich sind und ich es schaffe meine Vision von diesem Konzept gemeinsam mit meinen Partnern und meinen Teams erfolgreich umzusetzen. Mittelfristig wollen wir nur mehr betreiben und nicht mehr unbedingt die Immobilien besitzen. Im Ausland könnten wir uns auch ein Joint Venture vorstellen. Auch würde ich noch gerne einige Jahre auf EU Basis mitwirken, das ist spannend und fordert mich.

Ich träume davon, meine derzeitigen beruflichen Dinge so perfekt auf Schiene zu bringen, dass ich für die Zeit meines letzten Berufslebensdrittel eine neue Lebenszeiteinteilung habe. Idealer Weise, eine Kombination von mehr strategischer und weniger operativer Steuerung bei den Hotels, zeitlich überschaubare interessante Aufgaben, die ich leicht bewältige und die mich fordern und weiter wachsen lassen und einem neuen freien Zeitfenster für mich.

Es gibt so spannende Menschen und tolle Plätze auf dieser Welt. Ich würde diese gerne treffen, diese Plätze gerne alle erforschen dürfen, dabei eben nicht meine Leidenschaft die Hotellerie verlieren, idealer Weise im Steuerungsgremium meiner Hotels bleiben, und dort, wo ich meine Basis habe, meine Familie mit Kindern und Enkelkinder und meinen über alles geliebten tollen Mann das Gemeinsame bewusst weiter erleben dürfen. Und zum Schluß sagen zu dürfen, es war ein liebevolles, bewusstes und richtiges Leben, es hat einen runden Abschluß, nichts ist offen, alles getan.

Mag. Susanne Kraus-Winkler (geboren 1955) ist seit 2010 Vorsitzende des Aufsichtsrats und Aktionär der Harry’s Home AG, Innsbruck und seit 2005 Geschäftsführende Gesellschafterin der LOISIUM Hotel & Resortentwicklungs und Management GmbH Wien, sowie der LOISIUM Alsace SA, der Ehrenhausen Hotel Errichtungs und der Ehrenhausen Hotel Betriebs GmbH, der LOISIUM Hotel Betriebs GmbH & CoKG, Gesellschafterin der RIMC Hotel und Resort Management &Entwicklungs GmbH Wien. Des Weiteren ist sie HOTREC-Vizepräsidentin und stellvertretende Obfrau des WKÖ-Fachverbandes Hotellerie. Die Mutter zweier Kinder sowie dreifache Großmutter spielt Golf, reist und liest gerne. 2011 erhielt sie den NÖ Tourismuspreis.
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